zum Hauptinhalt

Politik: Lafontaine will mehr Schulden machen als geplant

BONN .Die neue Bundesregierung will sich im Haushalt 1999 deutlich stärker verschulden als geplant.

BONN .Die neue Bundesregierung will sich im Haushalt 1999 deutlich stärker verschulden als geplant.Dafür soll nach Artikel 115 des Grundgesetzes die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts festgestellt werden.Nur dann darf die Nettokreditaufnahme die Summe der Investitionen im Etat überschreiten.Wie der Tagesspiegel aus Koalitionskreisen erfuhr, ist dieser vom designierten Finanzminister Lafontaine geplante Schritt in der SPD und bei den Grünen umstritten.

Lafontaine erwägt diese höhere Neuverschuldung, weil das Wirtschaftswachstum 1999 mit real 2,25 bis 2,5 Prozent vermutlich deutlich niedriger ausfällt als vom bisherigen Finanzminister Waigel bei seinem Etatentwurf 1999 angenommen wurde.Damit dürften die Steuereinnahmen niedriger als geschätzt ausfallen.Gleichzeitig werden höhere Ausgaben für die Bundesanstalt für Arbeit fällig, weil die Arbeitslosigkeit nicht so stark sinkt wie bislang erwartet.Waigel ging in seinem Haushaltsentwurf für 1999 von einem realen Wirtschaftswachstum von drei Prozent und von neuen Krediten in Höhe von 56,2 Milliarden Mark aus.Dabei wollte er 58 Mrd.Mark investieren.Die Differenz zwischen Neuverschuldung und Investitionsausgaben liegt demnach bei etwa 1,5 Mrd.Mark - nur dieser Betrag trennt den alten Entwurf von der Verfassungswidrigkeit.

In der SPD und bei den Grünen ist das Vorgehen Lafontaines sehr umstritten.Statt wegen des geringeren Wachstums höhere Schulden zu machen, hatten Finanzpolitiker vorgeschlagen, auch bei den Ausgaben zu kürzen.Durch ein sogenanntes Haushaltssicherungsgesetz könnten die Leistungen um jährlich zwei bis drei Milliarden Mark gekürzt werden.Das lehnte Lafontaine dem Vernehmen nach ab.Die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts sei schwer zu begründen, angesichts sinkender Arbeitslosigkeit und Wachstumsraten von über zwei Prozent, hieß es.

Die Finanzkontrollgruppe der Haushaltspolitiker beider Parteien wird - anders als geplant - voraussichtlich nicht mehr an den Koalitionsverhandlungen teilnehmen.Anfänglich sollte diese Gruppe zum Ende der Beratungen noch einmal alle Koalitionsbeschlüsse auf ihre Finanzierbarkeit überprüfen.Lafontaine befürchtete anscheinend, daß die Haushaltspolitiker beider Parteien unter dem Druck der schwierigen Finanzlage Koalitionsbeschlüsse in Frage stellen könnten.

Gleichzeitig hieß es in Koalitionskreisen, daß bei den Details der geplanten Steuerreform "noch nicht das letzte Wort gesprochen" sei.So könnte beispielsweise der Spitzensatz bei der Einkommensteuer noch weiter gesenkt werden.

CARSTEN GERMIS, ANDREAS HOFFMANN

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false