zum Hauptinhalt

Politik: Land auf der Kippe

Wird Namibia ein zweites Simbabwe? Präsident Nujoma setzt die „arroganten Weißen“ unter Druck, ihr Land zu verkaufen

Wenn sich ein Staatschef im Ton vergreift, löst das in Demokratien meist Protest aus. Nicht so in Namibia. Als Präsident Sam Nujoma unmittelbar vor einem Parteitag seiner South West African Peoples Organisation (Swapo) gegen die Opposition und gegen die Weißen im Land vom Leder zog, erhob sich kaum eine Stimme. Dabei hatte Nujoma zu einem Rundumschlag ausgeholt, der wenig Gutes für die Zukunft der früheren deutschen Kolonie ahnen lässt.

Nujoma beschimpfte Oppositionsführer Ben Ulenga unflätig und warf ihm „unerhörte Perversionen“ vor. Außenminister Hidipo Hamutenya, damals aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge Nujomas, wurde ohne Angabe von Gründen entlassen. Aber auch die Weißen gerieten ins Visier des Präsidenten: Zum wiederholten Male beschimpfte Nujoma sie pauschal als „Neo-Kolonialisten“, die sein Land „nach imperialistischem Muster besetzen“ wollten. Das klingt beängstigend vertraut und dürfte auch die Gespräche von Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek–Zeul dominieren, die sich in dieser Woche aus Anlass des 100. Jahrestags des Hereroaufstands gegen die Deutschen in Namibia aufhält.

Grund zur Sorge hat die Bundesregierung: Vor gut vier Jahren begann das Chaos im benachbarten Simbabwe mit ähnlichen Sätzen. Präsident Nujoma gilt als glühender Bewunderer des dortigen Diktators Robert Mugabe. Und auch in Namibia hat die Landfrage große Sprengkraft. Viele schwarze Farmarbeiter und Gewerkschaften fordern schon seit längerem, dass zumindest ein Teil der weißen Farmer enteignet werden soll. Die Vorbehalte richten sich auch gegen deutsche Landwirte. Rund ein Drittel der 4000 Großfarmen gehören den Nachfahren deutscher Siedler.

Nachdem die Swapo lange nur mit einem härteren Vorgehen gedroht hatte, wurden Anfang Mai erste Schritte zum umstrittenen Zwangsaufkauf weißen Farmlandes eingeleitet. Landwirtschaftsminister Hifikepunye Pohamba, den die Swapo auf Drängen Nujomas Ende Mai zu dessen Kronprinz erklärte, forderte weiße Farmer schriftlich auf, binnen 14 Tagen einen Preis für ihre Farmen zu benennen. Andernfalls werde die Regierung aktiv werden. Pohamba beruft sich auf ein 1995 erlassenes Gesetz, wonach er im öffentlichen Interesse berechtigt sei, Farmen zu erwerben, um sie an landlose Schwarze zu verteilen.

Bislang hatte sich die Regierung an den Grundsatz gehalten, nur Land von verkaufswilligen Farmern zu erwerben. Zudem ist sie selbst für die Verzögerung bei der Landreform verantwortlich. Obwohl ihr rund ein Viertel der weißen 4000 Farmen angeboten wurde, hat sie nur wenige erworben. Begründet wird dies damit, dass diese zu klein und verkarstet seien, was im trockenen Zentralnamibia aber die Regel ist. Vor allem scheint die Swapo vor den Wahlen Ende November ihren Anhängern beweisen zu wollen, wer in Namibia Herr im Hause ist. Kein anderes Thema eignet sich besser, unzufriedene Wählergruppen zu binden und in der Partei Einheit zu stiften.

Die Sorge vor simbabwischen Zuständen in Namibia wächst bei den Farmern wie bei Beobachtern. Ein Indiz dafür findet sich darin, dass die Swapo von Präsident Nujoma in ihrer Hochburg im fruchtbaren Norden mehr als acht Millionen Hektar Staatsland besitzt, dessen Verteilung sie allerdings nicht vorantreibt. Dabei haben diverse Geberländer mehrfach angeboten, die Umsiedlung schwarzer Kleinbauern auf dieses Land zu finanzieren. Doch Nujoma scheint kein Interesse zu haben – vielleicht deshalb, weil das Land dort nicht den „arroganten weißen Farmern“ gehört.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false