zum Hauptinhalt

Politik: Landeskirchen sehen keinen Reformdruck

Die Vorschläge der EKD stoßen zwar grundsätzlich auf Zustimmung, im Detail aber gibt es Kritik

Berlin - Die Reformoffensive der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) stößt in vielen Landeskirchen auf grundsätzliche Zustimmung, aber auf Kritik im Detail. Je nach Finanzkraft der Kirchen fühlt man sich auch nur mehr oder weniger angesprochen von dem über hundert Seiten umfassenden Impulspapier „Kirche der Freiheit“. Darin sind große strukturelle Umbrüche bis zum Jahr 2030 vorgesehen, zum Beispiel die Reduzierung der jetzt 23 Landeskirchen um die Hälfte sowie die Zentralisierung der Aufgaben und die Konzentration auf inhaltliche Schwerpunkte.

„Wir sehen keine Veranlassung zu allzu revolutionären Veränderungen“, sagt der Pfälzer Kirchenpräsident Eberhard Cherdron. Noch habe man die finanzielle Kraft, um die alten Strukturen aufrechtzuerhalten. Besonders skeptisch steht er der Idee von Schwerpunktgemeinden gegenüber. Künftig soll nicht mehr jede Gemeinde alle Aufgaben erledigen, sondern sich auf bestimmte konzentrieren. In ländlichen Regionen sei das nicht möglich, sagt Cherdron. Das sieht auch der Bayerische Landesbischof Johannes Friedrich so. Ein Großteil der Protestanten lebt aber auf dem Land.

In der rheinischen Landeskirche ist man skeptisch, ob man überhaupt Reformen von oben durchsetzen könne. „Wir haben sehr selbstbewusste Gemeinden, die die Hoheit über die Kirchensteuer haben“, sagt der Sprecher.

Nach Ansicht des Landesbischofs von Schaumburg-Lippe, Jürgen Johannesdotter, ist das Reformpapier zu sehr aus Sicht der großen Landeskirchen geschrieben. Seine Landeskirche ist mit 60 000 Mitgliedern die zweitkleinste. Bei Fusionen dürfe Größe nicht das alleinige Ausschlagkriterium sein, sagte Johannesdotter. Zumal seine Kirche finanziell gut dastehe: „Wir sind Zuzahler und nicht Nutznießer im EKD-Solidarpakt.“

Auch die Kirche Anhalts, die kleinste, will von Fusionsplänen nichts wissen. „Wir wollen unsere Identität erhalten“, sagt der Sprecher. Außerdem komme man mit einer kleinen Kirche näher an die Menschen heran.

Von der Kirche Anhalts abgesehen, ist die Fusionsbereitschaft in den östlichen Landeskirchen durch die finanzielle Not wesentlich aber höher als im Westen. 2004 schlossen sich die Berlin-Bandenburgische Kirche und die Kirche der schlesischen Oberlausitz zusammen. Die Landeskirche in Thüringen und die der Kirchenprovinz Sachsen bilden seit 2004 eine Föderation mitteldeutscher Kirchen. Das Projekt soll 2009 in eine Fusion münden. Auch in Mecklenburg-Vorpommern rückt eine Vereinigung der beiden Landeskirchen näher. Bis zum Herbst wollen die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Mecklenburgs und die Pommersche Evangelische Kirche eine Rahmenvereinbarung vorlegen.

Der evangelische Theologe Richard Schröder, Professor an der Berliner Humboldt-Universität, wertete die Reform als Schritt in die richtige Richtung – gerade auch, weil damit die Strukturprobleme im Osten abgemildert werden könnten. Dort sei längst keine flächendeckende Versorgung mehr möglich.

Die Kirchenvolksbewegung „Kirche von unten“ begrüßte die schonungslose Gegenwartsanalyse des Impulspapiers. Die Lösungsvorschläge seien aber allenfalls „tastende Versuche“. Kritisiert wird die „zentralistische Stärkung der EKD“ und die „unangemessen ökonomisierte Sprache, zum Beispiel wenn die „Tauf- und Trauquote“ erhöht und die „Angebotsorientierung“ verstärkt werden sollen. Im Januar 2007 will die EKD mit einem „Zukunftskongress“ eine „Reformdekade“ anstoßen, an deren Ende das 500. Jubliäum der Reformation 2017 steht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false