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Verfassungssschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen

© dpa

Landesverrat: Saison der Verräter

Die peinlich gescheiterte Strafverfolgung von zwei Internet-Bloggern von netzpolitik.org verweist auf Konflikte zwischen Staat und Öffentlichkeit, für die niemand Verantwortung übernehmen will. Eine Blendle-Empfehlung.

Angriffe auf die Pressefreiheit sind in Deutschland auch nicht mehr, was sie mal waren. In der Affäre um den angeblichen Landesverrat der Blogger von „netzpolitik.org“ wurde der Vergleich zur „Spiegel“-Affäre gezogen, die Anfang der sechziger Jahre tatsächlich das Erwachen einer kritischen bundesrepublikanischen Öffentlichkeit nach dem Hitler-Horror markierte.

Journalisten kamen in Haft, weil sie über die Unfähigkeit der Bundeswehr berichtet hatten, die ihr zugedachte Rolle in der Nato-Strategie zu erfüllen. Aufregung, Tumult, Demonstrationen. Eine Regierung in der Krise, der Verteidigungsminister trat ab. Am Ende das „Spiegel“-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. In beschwörenden, bis heute zitierten Worten beschreibt es die Rolle der Presse und steckt ihre Freiheit ab: als Wesenselement des freiheitlichen Staates, unentbehrlich in einer Demokratie, Kontroll- und Verbindungsorgan zwischen Volk, seinen Vertretern und der Exekutive. Die Begründung des Mythos von der vierten Gewalt.

Und heute? Statt Sturmgeschütze der Demokratie oder zumindest potente Medienhäuser werden die Betreiber einer spendenfinanzierten Webseite ins Visier genommen. Statt Risiken der Landesverteidigung im Kalten Krieg geht es um Verfassungsschutz bei Facebook. Die Beschuldigten stellen die Post vom Generalbundesanwalt online, beklagen lautstark Repression, und sogleich – bestellt oder jedenfalls wie auf Bestellung – tröten die Journalisten samt Verbände in die Signalhörner, rufen zum Kampf der Aufgeklärten gegen Zensur.

Die Protagonisten von „netzpolitik.org“ geben fröhlicher werdende Interviews und sammeln zehntausende Euro von Unterstützern ein, derweil ein Justizminister zum Helden erkoren wird, weil er einen Untergebenen in den Ruhestand versetzt und das Verfahren stoppt. Die Kanzlerin findet das gut, das Publikum jubelt, während es aus amtlicher Sicht zugleich richtig gewesen sein soll, die Sache anzuschieben. Großkoalitionäre Eintracht plus grünes Gemecker. Der Anschlag auf die Pressefreiheit, ein Amüsement im Sommerloch. Folgen: Keine, bis auf Minister Heiko Maas, der prüfen lässt, ob Journalisten noch (!) besser als bisher vor Strafverfolgung zu schützen sind.

Der Skandal war offenbar keiner oder womöglich nicht der, als der er erschien. Seine Vorgeschichte, das Verhalten der Akteure und nicht zuletzt die Reaktion der Presse verweisen jedoch auf Konflikte entlang der Grenzen zwischen Staat und Öffentlichkeit, für die weder die Gerichte noch der Gesetzgeber bisher verlässliche Lösungen anbieten können, mithin autonom Verantwortung zu übernehmen wäre. Die Frage ist nur: von wem?

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