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Politik: Landesvorstand schlägt Trennung von Amt und Mandat vor

"Satz 3 wird gestrichen" - harmlos klingt die vorgeschlagene Satzungsänderung, über die heute in Fulda die Landesversammlung der hessischen Grünen abstimmt. Doch die Verabschiedung dieser Streichung in Paragraph 6 der Parteisatzung räumt mit urgrünen Traditionen auf.

"Satz 3 wird gestrichen" - harmlos klingt die vorgeschlagene Satzungsänderung, über die heute in Fulda die Landesversammlung der hessischen Grünen abstimmt. Doch die Verabschiedung dieser Streichung in Paragraph 6 der Parteisatzung räumt mit urgrünen Traditionen auf. Hinter der schlichten Formulierung verbirgt sich nicht weniger als die Aufhebung der Trennung von Amt und Mandat. "Satz 3" schloss bislang aus, dass Abgeordnete oder Regierungsmitglieder der Partei vorstehen. Als erster großer Landesverband versucht sich der hessische an der vielbeschworenen "Strukturreform" der grünen Partei. Ob die für Satzungsänderungen nötige Zweidrittelmehrheit zustande kommt, ist ungewiss.

Die Begründung des Landesvorstands für den Abschied von einem zentralen Grundsatz der grünen Bewegung zieht "nach 20 Jahren" eine ernüchternde Bilanz: "Das bisher geltende Trennungsgebot hat weder verhindert, dass sich informelle Machtstrukturen bilden konnten, noch war es nachvollziehbar, weshalb kommunale Verantwortungsträger (Dezernenten/Bürgermeister) oder politische Beamte (Regierungs- und Polizeipräsidenten) Sprecherfunktionen ausüben durften." Es klingt fast selbstkritisch, wenn die Vorstandssprecher Hartmut Bäumer, bis zur Landtagswahl Regierungspräsident in Gießen, und Danila Wagner, Schuldezernentin in Darmstadt, formulieren, die Partei habe sich damit die Chance genommen, "die aus ihrer Sicht jeweils besten Personen an die Spitze zu stellen". Erkennbarkeit und Profil der Partei hätten in der Vergangenheit gelitten, weil "nicht selten" Parteivorstand, Fraktion und Regierungsmitglieder der hessischen Grünen unterschiedliche Positionen vertreten hätten. Vielleicht auch um skeptische Mitglieder für die Parteireform zu gewinnen, attestiert der Landesvorstand der "Basis", sie sei "selbstbewusst und informiert genug", weshalb die "Selbstbindungskrücke" der Trennung von Amt und Mandat fallen könne. Auch für einen anderen Vorschlag wirbt der Vorstand: Die "Landesversammlung", auf der jedes Parteimitglied abstimmen darf, soll ihre eigene Abschaffung beschließen, und durch eine "Delegiertenkonferenz" als höchstem Beschlussorgan ersetzt werden.

Wochenlang hat Vorstandssprecher Bäumer die Kreisverbände der Partei bereist, um für die Neuerungen zu werben. "Ziemlich sicher" gibt er sich, dass die nötige Zweidrittelmehrheit zu Stande kommt.

Zuversichtlich gibt sich auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Landtag, Al Wazir. Er erinnert allerdings an die mangelnde Berechenbarkeit seiner Partei: "Niemand weiß, wer am Ende tatsächlich zu einer Landesversammlung kommt und wer wegbleibt."

Neben der Satzungsdebatte werden sich die hessischen Grünen mit einem zweiten Lieblingsthema beschäftigen. Es geht um den Ausstieg aus der Atomenergie.

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