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In Rheinland-Pfalz liebt man den Humor, gerne auch den hintersinnigen. Hier empfängt die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD, M) den Mainzer Karnevalsverein "Die Ritzambaner".

© dpa

Landtagswahl: So ticken sie in Rheinland-Pfalz

Die Rheinland-Pfälzer mögen ständige Veränderungen nicht. Sie fühlen sich gerne sicher, und wenn das der Fall ist, bleiben sie treu. Das spiegelt sich auch in den politischen Verhältnissen im Land wider.

Genussfreude, Gemütlichkeit, Gelassenheit. Man könnte diese drei Begriffe auch auf ein einziges Wort reduzieren; ein Wort, das vollmundig klingt, durchaus elegant, aber auch schlicht und einfach. Das Wundervollste an diesem Wort ist, dass man damit ein ganzes Bundesland charakterisieren kann: Rheinland-Pfalz ist in weiten Teilen Wein.

Vor allem jenseits der ohnehin wenigen großen Städte – Mainz ist mit 200000 Einwohner schon die größte – ist der Wein, oder eher das, was wir hier von ihm ableiten wollen, stets präsent: die Fähigkeit zur Entschleunigung, gepaart mit einem oft hintersinnigen, ironisch-leisen Humor. Wenn dann noch die Sonne scheint, und das tut sie in Rheinland-Pfalz ausgiebig, und man sitzt auf einem der zahlreichen Hügel, womöglich schaut man auf eine der unzähligen Burgen oder eines der Schlösser, dann fühlt sich das an wie: Toskana. Gut, in der Eifel sind die Menschen schroffer als anderswo. Und die verschiedenen Dialekte im Land verstehen die jeweils anderen Gruppen auch nicht. Aber das Zurückgenommene der Menschen, ihre Bodenständigkeit, ist schon ein genereller Zug.

Trotz der ländlichen Struktur machen Wein- und Landwirtschaft einen sehr geringen Teil am Wirtschaftsprodukt aus. Tatsächlich ist dagegen der Industrieanteil an der Wirtschaftsleistung höher als im Bundesdurchschnitt. Die Exportquote liegt bei 46 Prozent, damit ist man in der Spitzengruppe der Bundesländer. Die Arbeitslosenquote war im Februar mit 5,5 Prozent die niedrigste in Deutschland. Es gab so viele sozialversicherungspflichtige Beschäftigte wie nie. Und die mittelständische Wirtschaft wächst.

Rheinland-Pfalz ist Retorte wie viele andere Bundesländer, der Zusammenschluss wurde angeordnet, hier am 30. August 1946 von der französischen Besatzungsmacht mit der Verordnung Nummer 57. Die Kelten waren hier, die Römer. Mit Limes, Speyerer Dom, Trier und Mittelrheintal gibt es allein vier Weltkulturerbestätten. Und dann ist man noch ein bisschen Bayern, ein bisschen Saarland, Nordrhein-Westfalen, Hessen und natürlich Frankreich. Ja, und schließlich wurde man sogar noch amerikanisch! Denn vor allem in der Pfalz, rund um Kaiserslautern herum, hatten die US-Amerikaner viele ihrer Militärstützpunkte. Wer also so viel „Menschenschlag“ unterschiedlicher Art begegnet, der hat es wohl schwerer, eine eigene Bundeslandidentität herauszubilden. Das bayerische „Mir san mir“ findet man hier nicht als Charakterzug.

Peter Altmeier regierte 22 Jahre lang in Rheinland-Pfalz

Vielleicht ist das zumindest ein Grund dafür, dass die Rheinland-Pfälzer ständige Veränderungen nicht mögen. Man fühlt sich gerne sicher, und wenn das der Fall ist, bleibt man treu.

In der Staatskanzlei in Mainz kann man das im zweiten Stock gut studieren, natürlich gänzlich ohne Pomp an einer ziemlich grauen Wand. Dort sind alle Ministerpräsidenten aufgereiht, und bis 2013, bis zu Malu Dreyer, waren es nur Männer in diesem strukturell ländlich-konservativen und eher katholisch geprägten Land. Was man ablesen kann an den Jahreszahlen ist die Treue. Die meisten Landeschefs regierten sehr lange. Was dafür spricht, dass sie das Land mit seinen vielen Regionen und Eigenheiten einen konnten.

Und wenn es eine Partei erst einmal geschafft hatte, dann blieb sie wiederum auch sehr lange an der Macht. Das war zunächst vor allem die CDU, Peter Altmeier, der zweite Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz nach der Neugründung, regierte 22 Jahre, von 1947 bis 1969. Bis heute Rekord in Deutschland. Von 1971 bis 1987 hatte die CDU ununterbrochen die absolute Mehrheit. Hier regierten unter anderen Helmut Kohl und Bernhard Vogel. Dann kam Rudolf Scharping.

Der Sozialdemokrat beendete 1991 diese Vorherrschaft, und siehe da, seitdem regiert wiederum die SPD ununterbrochen. Der Sozialdemokrat und ehemalige SPD-Bundesvorsitzende Kurt Beck kam dem Rekord von Altmeier am nächsten mit knapp 20 Jahren Regierungszeit. Aber er trat vorzeitig ab, aus gesundheitlichen Gründen, und auch, weil die Nürburgringaffäre ihm arg zugesetzt hatte.

Experimentierfreudig sind die Rheinland-Pfälzer politisch eher nicht. Weder Piraten noch Linke hatten bisher eine Chance. Die NPD war einmal von 1967 bis 1971 im Landtag vertreten. Allerdings ist es sehr wahrscheinlich, dass es künftig eine weitere experimentelle Ausnahme gibt – wenn die AfD ins Landesparlament einzieht.

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