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Politik: Lateinamerika will keinen Drogenkrieg mehr führen

Puebla - Viel Aufhebens machte der mexikanische Kongress nicht um das Gesetz, das vor wenigen Tagen in Kraft trat und das den Konsum und Besitz kleiner Drogenmengen straffrei stellt. Wer fortan mit einem halben Gramm Kokain, fünf Gramm Marihuana, 50 Milligramm Heroin und 40 Milligramm Amphetamin erwischt wird, muss dafür nicht ins Gefängnis.

Puebla - Viel Aufhebens machte der mexikanische Kongress nicht um das Gesetz, das vor wenigen Tagen in Kraft trat und das den Konsum und Besitz kleiner Drogenmengen straffrei stellt. Wer fortan mit einem halben Gramm Kokain, fünf Gramm Marihuana, 50 Milligramm Heroin und 40 Milligramm Amphetamin erwischt wird, muss dafür nicht ins Gefängnis. Auch in Argentinien erklärte der Oberste Gerichtshof vor kurzem einstimmig den privaten Drogenkonsum für nicht strafbar – und sprach damit fünf junge Leute frei, die beim Rauchen von Marihuana erwischt worden waren. In Brasilien gibt es seit 2006 keine Gefängnisstrafen mehr für Drogenkonsum; Kolumbiens Justiz hat schon 1994 diesen Weg eingeschlagen – trotz mehrerer Versuche des rechten Präsidenten Alvaro Uribe, den Drogenkonsum erneut zu kriminalisieren.

Kürzlich erregten drei lateinamerikanische Ex-Präsidenten mit einer Erklärung Aufsehen, in der sie den einst von US-Präsident Richard Nixon ausgerufenen Drogenkrieg für gescheitert erklären und für eine europäische Strategie der Prävention und Toleranz plädieren. Dies sei humaner und effizienter, während die harte Linie der USA katastrophale Folgen für Lateinamerika gehabt und das Problem nicht gelöst habe, erklärten Brasiliens Ex-Präsident Fernando Henrique Cardoso, Ernesto Zedillo aus Mexiko und Cesar Gaviria aus Kolumbien – die drei Länder mit den größten Drogenproblemen auf dem Subkontinent.

Anfang der 90er Jahre wären die Länder für ihre Politik in Washington noch auf eine schwarze Liste gesetzt worden. Doch die überfüllten Gefängnisse, ein wachsender Drogenkonsum, die hohen Kosten des Drogenkriegs und ausufernde Kriminalität und Korruption haben zu einem Umdenken geführt. US-Präsident Barack Obama hat diese vorsichtige Kurskorrektur stillschweigend hingenommen, vom Drogenkrieg ist unter ihm nicht mehr die Rede. „In den USA selbst entkriminalisieren immer mehr Bundesstaaten den Drogenbesitz“, sagt der mexikanische Politologe Ruben Aguilar, der sich mit dem Thema eingehend befasst hat.

Experten argumentieren schon lange, die Kriminalisierung diene lediglich der Bereicherung von Drogenkartellen, die pro Jahr zwischen 18 und 36 Milliarden Dollar Reingewinne aus dem Drogengeschäft erzielen. Sandra Weiss

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