zum Hauptinhalt

Politik: „Leben nicht der Forschung unterordnen“

Die CDU hat sich geweigert, eine Stichtagsverschiebung für den Import embryonaler Stammzellen auszuschließen. Passt das noch zu dem „C“ im Parteinamen?

Die CDU hat sich geweigert, eine Stichtagsverschiebung für den Import embryonaler Stammzellen auszuschließen. Passt das noch zu dem „C“ im Parteinamen?

Die Meinungen innerhalb der Partei sind sehr differenziert. Aus vielen Begegnungen weiß ich, dass sich die meisten die Entscheidung nicht leicht machen und sich ihrer Tragweite auch bewusst sind. Umso mehr hat der – wenn auch überaus knappe – Parteitagsbeschluss zur Stammzellforschung enttäuscht. Niemand sollte doch vergessen, um was es bei dieser Diskussion letztlich geht: Um das Leben embryonaler Menschen. Jede Forschung mit embryonalen Stammzellen setzt die Tötung menschlichen Lebens voraus. Selbst bei vermeintlich hochrangigen Forschungsinteressen darf der Lebensschutz nicht der Forschungsfreiheit untergeordnet und der embryonale Mensch nicht wie ein Rohstofflager verzweckt werden.

Ist der CDU-Beschluss Ausdruck für die wachsende Distanz der Union zu den Kirchen? Parteichefin Angela Merkel kannte ja die Position der katholischen Kirche und hat sich bewusst dagegengestellt.

Es geht hier nicht nur um die Position der Kirche, sondern auch um die Überzeugung vieler Christinnen und Christen. Das menschliche Leben beginnt mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle und hat von Anfang an eine unveräußerliche Würde. Der embryonale Mensch muss unbedingt geschützt werden, sein Leben darf nicht zu Forschungszwecken getötet werden. Davon hat sich die CDU mit ihrem Parteitagsbeschluss entfernt. Viele sind von dieser Kursänderung irritiert und enttäuscht. Wir werden unsere Position für einen umfassenden Schutz des Lebens entschieden vertreten.

Was den Schutz von Embryonen betrifft, sind christliche Werte momentan ja offenbar eher bei den Grünen zu finden …

Christliche Werte und Überzeugungen zeigen sich nicht in erster Linie am Parteibuch, sondern in der Praxis und in konkreten Entscheidungen. Von uns aus haben wir als Kirche zu allen demokratischen Parteien eine ähnlich große Nähe. Die Parteien entscheiden durch ihre Politik wie nah sie den Positionen des christlichen Glaubens sind. Wenn es beim Lebensschutz auch mit den Grünen mehr Übereinstimmungen gibt, ist das gut.

Die Fragen stellte Rainer Woratschka.

Der katholische Geistliche Karl Lehmann ist seit 1983 Bischof von Mainz und seit 1987 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. 2001 wurde er vom damaligen Papst zum Kardinal ernannt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false