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Politik: Lebensmittelprüfer: Überall fehlt Kontrolle

Fleisch und andere Ware lässt sich immer noch nicht zurückverfolgen / Seehofer kritisiert die Länder

Berlin - Nach dem erneuten Gammelfleischskandal um jahrelang eingefrorene Ware aus bayerischen Lagerhallen schlagen jetzt auch die Lebensmittelkontrolleure Alarm und warnen vor Sicherheitslücken. Die vom Gesetz geforderte Rückverfolgbarkeit bei Lebensmitteln sei noch immer nicht garantiert, sagte Martin Müller, Vorsitzender des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure Deutschlands, dem Tagesspiegel am Sonntag. „Ich bin nicht überzeugt, dass das schon 100-prozentig funktioniert“, kritisierte der oberste Lebensmittelkontrolleur Deutschlands. Zudem reiche die Zahl der Kontrolleure nicht aus.

In der vergangenen Woche waren 80 Tonnen Gammelfleisch in Kühlhäusern in München und Niederbayern gefunden worden. Das Fleisch ist bundesweit und ins europäische Ausland geliefert worden, mehrere hundert Kilo Fleisch wurden am Samstag in Hessen und Rheinland-Pfalz beschlagnahmt. Die bayerischen Behörden haben am Freitag und Samstag die Bundesländer informiert, in denen Firmen direkte Kundenbeziehungen mit dem Münchner Gammelfleischhändler haben. In Berlin, so hieß es bei der Senatsverwaltung am Samstag, sei bis Freitagabend keine Information eingegangen. Aber es sei nicht auszuschließen, dass Gammelfleisch auf Umwegen nach Berlin gekommen sei.

Nach Meinung der Lebensmittelkontrolleure sind die Kontrollen in Deutschland ungenügend. Mit den jetzigen Möglichkeiten sei eine Rückverfolgbarkeit zurück zum Hersteller oft nicht möglich, sagte Müller. Statt Lebensmittel wie Fleisch einfach nur in großen Hallen zu stapeln, müssten die einzelnen Verpackungen kodiert werden. Mit Hilfe eines Lasers könnten die nötigen Informationen darüber – etwa, wann das Produkt hergestellt sei und von wem – abgerufen werden. „Die Ausrüstung muss auf den neuesten technischen Stand gebracht werden, damit auch riesige Hallen leicht zu kontrollieren sind“, forderte Müller.

Auch Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) sieht Handlungsbedarf. Er forderte intensivere Kontrollen durch die Länder, aber: „Die meisten Bundesländer haben sich dem bislang widersetzt.“ Notwendig seien mobile Einsatztrupps, die ohne Voranmeldung in den Kühlhäusern das Fleisch unter die Lupe nehmen, „und auch am Tag nach der Kontrolle noch einmal kommen“. Eine Verbesserung für die Kunden soll auch das neue Verbraucherinformationsgesetz bringen, das Ende September vom Bundesrat beschlossen werden soll, betonte eine Sprecherin des Ministeriums. Dann sei es endlich möglich, Ross und Reiter zu nennen. Bisher ist es den Behörden nicht erlaubt, in laufenden Verfahren die Namen der Firmen zu nennen.

Auch Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) verspricht sich erhebliche Verbesserungen durch das neue Gesetz: „Die schwarzen Schafe müssen an den öffentlichen Pranger gestellt werden", sagte er dem Tagesspiegel am Sonntag. Zudem müssten die Strafen für den Handel mit verdorbenen Lebensmitteln nach seiner Ansicht drastisch verschärft werden: „Solche Taten müssen als Verbrechen eingestuft werden." Heute werden Verstöße mit einem Bußgeld von maximal 20 000 Euro geahndet.

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