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Politik: Leipziger Montagsdemontage

Die geplante Rede von Oskar Lafontaine am traditionsreichen Ort spaltet die Organisatoren

Von Matthias Schlegel

Leipzig - Der Saarländer spaltet die Sachsen: Oskar Lafontaines Zusage, auf der Montagsdemonstration am 30. August in Leipzig zu reden, treibt einen Keil in die Reihen der Organisatoren. Winfried Helbig vom Sozialforum Leipzig, das zu den bisherigen „neuen Montagsdemonstrationen“ aufgerufen hatte, ist entschlossen: „Unser Prinzip ist unverhandelbar: Auf unseren Montagsdemonstrationen reden keine Politiker, sondern nur Betroffene.“

Doch ausgerechnet am 30. August hat auf dem Leipziger Nikolaikirchhof, dem traditionellen Protestort, nicht das Sozialforum unter Helbig den Hut auf, sondern ein anderer Organisator: das Aktionsbündnis Leipzig für Soziale Gerechtigkeit (ASL), ein Zusammenschluss von neun Gruppierungen – von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi über den Sozialverband und die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit bis hin zum Arbeitslosenverband. Das Bündnis war erst am 19. Juli gegründet worden – als Sammelbecken für die Gegner „des weiteren Sozialabbaus durch die rot-grüne Bundesregierung und die etablierten Parteien“. Sie hatten sogleich die Veranstaltung für den 30. August angemeldet – und Oskar Lafontaine als Redner eingeladen.

Dem Tagesspiegel bestätigte Lafontaine nun am Dienstag seine Teilnahme. Das löste in Leipzig helle Verwirrung aus, weil die einen, das Aktionsbündnis, mit dieser Mitteilung erst in den nächsten Tagen an die Öffentlichkeit gehen wollten, und weil die anderen, das Sozialforum, die bislang von ihnen organisierten Montagsdemonstrationen missbraucht sahen.

„Die Leute fühlen sich doch verschaukelt“, schimpft Helbig vom Sozialforum. Sachsens Ministerpräsidenten Georg Milbradt habe man nicht reden lassen, und nun soll Oskar Lafontaine diese Gelegenheit bekommen, sagt er dem Tagesspiegel. Nicht nur er sei von dieser Nachricht überrascht worden, sondern auch Christian Führer, der Pfarrer von St. Nikolai. Der bezeichnet das Ganze gegenüber der Nachrichtenagentur epd als ein „gruppenegoistisches Wahlkampfmanöver, das nicht dem Geist des Bürgerprotestes entspricht“. Helbig sieht den Ausweg nur darin, Lafontaine, der „vielleicht überrumpelt“ worden sei und die Verhältnisse vor Ort nicht kenne, zu bitten, wieder abzusagen – „um eine drohende Spaltung der Leipziger Proteste zu verhindern“.

Thomas Rudolph vom Aktionsbündnis versteht die Aufregung nicht. Er betrachtet das als „internes Problem“ des Sozialforums. Rudolph, zu DDR-Zeiten einer jener Oppositionellen, die in Leipzig die ersten Montagsdemos organisiert hatten, verweist darauf, dass am Dienstagabend über die Rednerliste abgestimmt wurde – da hätten auch zwei Vertreter vom Sozialforum ihr Einverständnis erklärt. Einer der beiden, Roger Schaumberg, räumt „kommunikative Defizite“ ein. Doch er sieht noch andere Mächte am Werk: Da seien „geheimdienstliche Aktivitäten“ im Spiel, die von übernommenen ehemaligen Stasi-Leuten ausgingen – um die Montagsdemonstrationen zu sabotieren.

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