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Politik: Leitet bald eine Frau den Zentralrat?

Berlin - Die Trauerzeit für Paul Spiegel ist vorüber – nun muss der Zentralrat der Juden die Nachfolge seines verstorbenen Präsidenten klären. Größte Chancen hat offenbar die jetzige Vizepräsidentin Charlotte Knobloch.

Berlin - Die Trauerzeit für Paul Spiegel ist vorüber – nun muss der Zentralrat der Juden die Nachfolge seines verstorbenen Präsidenten klären. Größte Chancen hat offenbar die jetzige Vizepräsidentin Charlotte Knobloch. „Die Wahrscheinlichkeit ist relativ groß“, sagte Stephan Kramer, Generalsekretär des Zentralrats, dem Tagesspiegel. Eine Einigung habe es aber noch nicht gegeben. Knobloch steht seit mehr als 20 Jahren an der Spitze der Israelitischen Kultusgemeinde in München, die mit rund 9 000 Mitgliedern die zweitgrößte jüdische Gemeinde in Deutschland ist. Die 73-Jährige wollte sich zur Nachfolge-Frage selbst nicht äußern.

Auch der andere Vizepräsident des Zentralrats, Salomon Korn, hält sich öffentlich bedeckt. Der 62-jährige Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main hätte theoretisch ebenfalls Aussichten, bei der Präsidiumssitzung in der kommenden Woche gewählt zu werden. Doch inzwischen wird nicht mehr damit gerechnet, dass er antritt. Bereits nach dem Tod von Ignatz Bubis 1999 hatte er auf eine Kandidatur verzichtet und in der Vergangenheit mehrfach betont, er wolle nicht Präsident des Zentralrats werden. Mit dem Personenschutz zu leben, den dieses Amt mit sich bringt, sei seine Sache nicht, heißt es. Mit Charlotte Knobloch würde außerdem – vermutlich zum letzten Mal – eine Holocaust-Überlebende an die Spitze des Zentralrats treten. Als Kind war sie auf einem Bauernhof in Franken versteckt und als uneheliche Tochter einer katholischen Haushälterin ausgegeben worden.

Auch wenn sich Charlotte Knobloch noch nicht öffentlich geäußert hat: Dass sie großes Interesse an dem Amt hat, gilt als sicher. Im Januar 2000 war sie gegen Spiegel angetreten. Während nach außen hin Korn wohl der bekanntere der beiden ist, gilt sie innerhalb der jüdischen Gemeinden als Pragmatikerin, die beispielsweise den Bau des jüdischen Zentrums in München vorangebracht hat.

Im Prinzip hätten beide, Korn und Knobloch, den Zentralrat kommissarisch leiten können, bis Ende des Jahres ohnehin Neuwahlen des Präsidiums anstehen. Aber nach Spiegels langer Krankheit soll es nun schnell eine handlungsfähige Spitze geben. Wer am 7. Juni vom achtköpfigen Präsidium gewählt wird, muss sich allerdings im Dezember noch einmal zur Wahl stellen.

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