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Zur Fußball-WM war klar, wer warum wie aussieht. Aber wie steht es sonst um Klarheit in nationalen Fragen? d

© Sebastian Kahnert/picture alliance / dpa

Leitkultur: Wer wir sind - und warum

Es ist gut, wenn eine Gesellschaft in einer Umbruchsituation darüber redet, dass Zusammenhalt wichtig ist und was unbedingt dazugehört. Nicht gut ist, wie der Minister diese Debatte angefangen hat. Ein Zwischenruf

Ein Zwischenruf von Barbara John

Innenminister Thomas de Maizière hat eine Debatte losgetreten, und er hat erreicht, was er wollte. Zustimmung, Prügel, Unverständnis, Empörung – von allem etwas. Wenn das kein Erfolg ist. Wer den „blutigen Knochen“ Leitkultur auf die Straße wirft, der kann sicher sein, dass man sich darum balgt, anknurrt, oder auch Geschmack daran findet. Der Ärger aus dem linken Spektrum, der sich Luft macht in „So-etwas-tut-man-nicht“-Bekundungen, hat nicht nur inhaltliche Gründe, sondern drückt auch Verärgerung aus, nicht selbst auf die Idee gekommen zu sein. Denn dieses öffentliche Streitgespräch macht Sinn. Nicht, weil wir danach viel klüger sind. Der Sinn liegt darin, dass eine Gesellschaft in einer Umbruchsituation überhaupt darüber redet, dass Zusammenhalt wichtig ist und was unbedingt dazugehört.

Als Mitte der Achtzigerjahre Qualitätsdebatten in der Sozialwirtschaft und in der Medizin begannen, war es ähnlich. Obwohl wir bis heute nicht wissen, wie eine qualitativ hochwertige Dienstleistung aussieht, wissen wir, dass nur ständiges Aus-Fehlern-Lernen notwendig ist, um Menschen wirksam helfen zu können.

Die Debatte ist keinesfalls "typisch deutsch"

Es ist auch keine „typisch deutsche“ Debatte, wie einige meinen. Es ist eine Auseinandersetzung, wie sie in vielen Staaten, in die eingewandert wird, in die insbesondere Muslime einwandern, geführt wird. So hatte der französische Präsident Nicolas Sarkozy 2010 seine Landsleute aufgerufen, über die französische Identität und die Burka zu diskutieren. Diese Debatte endete als Debakel.

Innenminister de Maizière leitet seine zehn Thesen mit der Frage ein: „Wer sind wir? Und wer wollen wir sein? Als Gesellschaft. Als Nation.“ Hört sich das nicht an, als sollte die Nation jetzt mal, einfach so, den Klassiker Trivial Pursuit spielen? Doch die Debatte ist aktueller und ernster. Was in der Einleitung fehlt, ist das offensive und ehrliche Eingeständnis des Ministers, dass die Rekordeinwanderung nicht umkehrbar ist und auch ungewisse Auswirkungen hat. Und deshalb ist mehr Klarheit gefragt, wie wir gemeinsam damit umgehen wollen.

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