zum Hauptinhalt

Politik: Leszek Miller: Nicht Moskau, nicht Rom - Berlin!

Es ist ein Besuch im Zeichen des sicher scheinenden Machtwechsels. Selbst der Kanzler nimmt sich Zeit für Leszek Miller - so viel, dass der Vorsitzende der Sozialdemokratie Polens mit gut halbstündiger Verspätung zum Mittagsgespräch über Polens EU-Beitritt bei der Friedrich-Ebert-Stiftung erscheint.

Es ist ein Besuch im Zeichen des sicher scheinenden Machtwechsels. Selbst der Kanzler nimmt sich Zeit für Leszek Miller - so viel, dass der Vorsitzende der Sozialdemokratie Polens mit gut halbstündiger Verspätung zum Mittagsgespräch über Polens EU-Beitritt bei der Friedrich-Ebert-Stiftung erscheint. Notwendige Wirtschaftsreformen, Übergangsfristen für die Freizügigkeit polnischer Arbeiter und den deutschen Landkauf in Polen - der 54-Jährige, der 1989 noch im Politbüro saß und als der härteste und machtbewussteste Innenpolitiker der Linken gilt, hat auch diese Themen alle drauf. Er spricht geschmeidig und konziliant. Hier präsentiert sich nicht nur der Partei- und Fraktionsvorsitzende, sondern der mutmaßliche nächste Regierungschef.

Spätestens im Herbst wird gewählt, vielleicht sogar schon jetzt im Frühjahr, falls die anstehende Budgetabstimmung im Parlament scheitert. Die Linke führt unangefochten in den Umfragen. Offen scheinen nur noch zwei Fragen: Ob sie die absolute Mehrheit holt (möglich, aber nicht wahrscheinlich). Und, wenn nicht, mit wem sie koaliert: Mit der national und europakritisch gestimmten Bauernpartei PSL, dem Partner von 1993 bis 1997? Oder mit der sozialliberalen, europafreundlichen Freiheitsunion, die aus den Reihen der Gewerkschaft Solidarnos¿c stammt?

Künftige Koalitionen werden nicht mehr an der Spaltung der Vergangenheit - Ex-Kommunist oder Ex-Solidarnosc - ausgerichtet, sagt Miller, hält sich aber die Option PSL offen: Alle Parteien Polens wünschten den EU-Beitritt. Er schmückt sich mit der NATO-Aufnahme und den Reformerfolgen - als habe er das bürgerliche Lager nie dafür kritisiert. Nur bei der Vorstellung seiner Delegation rutscht ihm das alte Wort "Genossen" heraus. Das überspielt er rasch: Früher habe die erste Reise eines neuen Regierungschefs nach Moskau geführt, dann nach Rom zum Papst. 2001 werde es Berlin sein - im Zeichen der neuen Nachbarschaft.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false