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Politik: Letzte Runde in Arizona

In ihrem dritten Fernsehduell geht es um die innenpolitischen Unterschiede zwischen Bush und Kerry

Ohne Moos nichts los. Geld ist das Wichtigste. Doch woher nehmen? Als George W. Bush im Januar 2001 sein Amt im Weißen Haus antrat, wies der US-Haushalt einen Überschuss aus: satte 236 Milliarden Dollar. Daraus ist knapp vier Jahre später ein Rekorddefizit geworden. Das Haushaltsjahr 2004, das am 30. September endete, schloss mit einem Minus von 415 Milliarden Dollar. So hohe Schulden in so kurzer Zeit hat noch nie ein US-Präsident gemacht.

Das schränkt die Optionen für beide Präsidentschaftskandidaten ein. Egal, wer am 2. November die Wahl gewinnt – ob Bush oder Herausforderer John Kerry: Beide müssen sparen. Am Mittwochabend trafen sie sich zu ihrem dritten und letzten Fernsehduell. Das fand in Tempe im Bundesstaat Arizona statt. Es sollte ausschließlich um Wirtschafts- und Innenpolitik gehen. Das ist ein Feld, auf dem Kerry laut Umfragen weit vor Bush liegt.

Aber zur Innenpolitik gehören auch Fragen der Moral. Deren Bedeutung darf nicht unterschätzt werden. Die drei heißesten Themen sind Abtreibung, Homo-Ehe und embryonale Stammzellforschung. Bushs Position dazu ist so klar wie rigide. Dreimal Nein. Kerry ist nuancierter. Er ist, mit Bauchschmerzen, für die Stammzellforschung und das Recht auf Abtreibung. Das freilich kommt ihm nicht leicht über die Lippen. Er weiß, wie religiös viele Amerikaner sind. Modalitäten der Homo-Ehe will Kerry den Bundesstaaten überlassen.

Kerry ist Katholik, aber kein regelmäßiger Kirchgänger. Katholiken sind eine entscheidende Wahlgruppe. Sie stellen rund ein Viertel aller Stimmen. Traditionell tendieren sie zu den Demokraten. In diesem Jahr könnten die Republikaner vorne liegen. Den Präsidenten favorisieren derzeit 42 Prozent der Katholiken, Kerry 29 Prozent, 27 Prozent sind unentschieden. Bush hat es geschickt verstanden, die religiöse Klientel an sich zu binden. Immer mehr Bischöfe Amerikas unterstützen ihn öffentlich. In vielen Diözesen wird es zur Sünde erklärt, für einen Kandidaten zu stimmen, der in einer von fünf „nicht verhandelbaren Positionen“ gegen die katholische Lehrmeinung verstößt: Abtreibung, Euthanasie, embryonale Stammzellforschung, menschliches Klonen, Homo-Ehe. Weitaus weniger streng urteilt der Klerus über die Themen Krieg und Todesstrafe. Abtreibung sei „kategorisch“ verboten, heißt es, bei Krieg und Todesstrafe seien stets auch die Umstände zu berücksichtigen.

Auch in Wirtschafts- und Sozialfragen könnten die Unterschiede zwischen Bush und Kerry kaum größer sein. Bush beschwört die individuelle Freiheit. Je mehr Mittel die Menschen zur Verfügung haben, desto besser sei dies für die Gemeinschaft. Kerry will die Institutionen stärken, die sich um die Menschen kümmern. Jede Gesellschaft brauche den sozialen Zusammenhalt.

Beide Kandidaten versprechen, das Defizit innerhalb von fünf Jahren zu halbieren. Bush verlässt sich dabei auf das Konjunkturwachstum durch die Steuersenkungen. Kerry will die Steuersenkungen für die Topverdiener – mehr als 200 000 Dollar Einkommen im Jahr – zurücknehmen. Außerdem will er Steuerbegünstigungen von im Ausland erzielten Gewinnen abschaffen. Das größte Problem ist die weitere Finanzierung des Gesundheits- und Sozialsystems. Bush will mit Steueranreizen die Bürger ermuntern, eigene Rücklagen für den Krankheitsfall zu bilden. Mit Steuervorteilen soll auch die private Altersvorsorge belohnt werden. Kerry will die staatlichen Zuschüsse zu den Sozialsystemen erhöhen. Das soll über die höhere Besteuerung der Spitzenverdiener finanziert werden.

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