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Politik: Leyens frohe Botschaft

Nach langem Vorlauf: Regierung beschließt das Gesetz zum Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder

Von Hans Monath

Berlin - Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) strahlte, als sie nach der Kabinettssitzung vom Mittwoch vor die Presse trat. „Dieses Gesetz wird unser Land spürbar für Familien verändern“, erklärte sie. Gerade hatten ihre Ministerkollegen einem milliardenschweren Vorhaben zugestimmt, das durch schweres ideologisches Fahrwasser gesteuert werden musste und mit dem die Familienpolitik des Bundes im föderalen Politiksystem Neuland betritt. Mit dem gerade verabschiedeten Kinderförderungsgesetz (KiföG) setze die Koalition „den letzten zentralen Baustein zum Betreuungsbausbau für Kinder unter drei Jahren“, verkündete die Ministerin.

Im Vergleich der Versorgungsquote in Europas Ländern fehlen in Deutschland Krippen- und Tagesmütterplätze. Der von vielen Eltern beklagte Mangel verhindert vor allem, dass berufstätige Mütter nach der Geburt zeitnah wieder in ihren Beruf zurückkehren können. Gerade gut ausgebildete junge Frauen verzichten so im Zweifel eher auf ein Kind, weil sie das berufliche Aus fürchten. In den kommenden fünf Jahren soll die Zahl der Betreuungsplätze nun auf 750 000 steigen und damit verdreifacht werden. Für jedes dritte Kind unter drei Jahren soll dann ein Platz bereit stehen. Nur rund 320 000 Kinder (15,5 Prozent) können heute betreut werden. Für alle unter Dreijährigen wird es von 2013 an einen Rechtsanspruch auf Betreuung geben. Auf diese Garantie hatte die SPD gedrungen.

Mit dem Ziel des Gesetzes hatten sich die Sozialdemokraten weit schneller angefreundet als die Union. Denn familienpolitische Traditionalisten in der CDU und vor allem in der CSU fürchteten anfangs, mit dem Ausbau des Betreuungsangebotes oktroyiere der Staat Frauen ein bestimmtes Rollenmodell auf und werte die zu Hause erziehende Mutter ab.

Ähnliche Vorbehalte in der Union waren schon gegen das Elterngeld laut geworden. In der Debatte um den Krippenausbau forderten die CSU und Teile der CDU gleichsam als Kompensation ein „Betreuungsgeld“, mit dem die Leistung von zu Hause erziehenden Müttern oder Vätern honoriert werden soll. Das Gesetz verspricht nun „eine monatliche Zahlung (zum Beispiel Betreuungsgeld)“, über das der nächste Bundestag entscheidet.

Die Familienministerin hatte lange selbst vor einer solchen Leistung gewarnt, die sozial schwache Familien dazu bewegen könnte, ihren Kindern eine öffentliche Betreuung vorzuenthalten. Als Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel aber die Forderung 2007 ins CDU-Grundsatzprogramm aufnehmen ließ, wandte sich von der Leyen nicht mehr offen dagegen. Auch der anfangs heftige Widerstand der SPD ließ nach, als deutlich wurde, dass das Betreuungsgeld-Versprechen im Gesetz einen Wechsel ohne Wert darstellt.

Obwohl im föderalen System nicht der Bund für Betreuung zuständig ist, hatte die Bundesfamilienministerin 2007 auf einer von ihr einberufenen Konferenz alle Jugend- und Familienminister der Länder auf das Ausbauziel verpflichten können. Die gemeinsame Willenserklärung entfaltete dann einen politischen Druck, dem sich weder die Bundesregierung und ihr Finanzminister noch die anfangs teils äußerst skeptischen Landesregierungen entziehen konnten.

Von den auf rund zwölf Milliarden Euro geschätzten Kosten für den Ausbau übernehmen Bund, Länder und Gemeinden nun jeweils ein Drittel. Der Bund gibt Investitionshilfen und beteiligt sich in den kommenden fünf Jahren zunächst mit 1,85 Milliarden Euro an den laufenden Betriebsausgaben. Nach 2013 gibt er jährlich 770 Millionen Euro dafür aus. 30 Prozent der neuen Plätze sollen in der Kindertagespflege entstehen. Zuschüsse gibt es auch für Betriebskindergärten oder andere private Anbieter. (mit dpa)

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