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Irans Präsident Ahmadinedschad (r.) besucht den Libanon.

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Update

Libanon-Besuch: Ahmadinedschad vor den Toren Israels

Der iranische Präsident Ahmadinedschad besucht bei seiner Libanonreise auch die Grenzregion zu Israel. Die dortige Regierung fühlt sich provoziert.

Es war ein Tag wie im Karneval. Enthusiastisch schwenkten die Menschen ihre Fahnen von den Hausdächern. 15 000 Anhänger der Hisbollah drängelten sich am Donnerstagnachmittag in dem viel zu kleinen Stadion von Bint Jbeil im Süden des Libanon, um ihr Polit-Idol zu feiern. „Die ganze Welt weiß, dass die Zionisten verschwinden werden”, rief der iranische Staatschef Mahmud Ahmadinedschad in den tosenden Applaus der Menge hinein, die aus dem ganzen Süden des Zedernstaates zusammengeströmt war. „Die zionistischen Besatzer haben keine andere Wahl, als die Realität zu akzeptieren und in die Länder ihrer Herkunft zurückzugehen“, sagte Ahmadinedschad.

Von israelischem Territorium war die Rednertribüne, die für den iranischen Präsidenten aufgebaut worden war, gut zu sehen. Die Grenze ist an dieser Stelle nur vier Kilometer entfernt. Der Iran ist nicht tausende Meilen weg, sondern steht vor Israels Haustür – das war die Botschaft des Mannes aus Teheran, die er mit dem Auftritt seinem Erzfeind auf der anderen Seite übermitteln wollte. Die Hisbollah-Hochburg Bint Jbeil, das sich heute „Hauptstadt des Widerstands“ nennt, war 2006 im Krieg fast dem Erdboden gleichgemacht worden. Inzwischen ist dank der Dollarhilfe aus Teheran alles wieder aufgebaut. Auch das benachbarte Qana, wo Ahmadinedschad am Mahnmal für 105 getöteten Frauen und Kinder einen Kranz niederlegte, wurde 1996 und 2006 zweimal schwer von der israelischen Armee bombardiert.

Der zweite Besuchstag Ahmadinedschads im Libanon hatte für den Staatsgast aus der Islamischen Republik zunächst in Beirut begonnen. An der staatlichen Libanesischen Universität erhielt er einen Ehrendoktor für Politikwissenschaft. Anschließend traf er mit Ministerpräsident Saad Hariri in dessen Amtssitz zusammen - in sehr gespannter Atmosphäre. Denn am Vorabend hatte der iranische Präsident auf einer Hisbollah-Großkundgebung im Raya-Stadion in Beiruts Südstadt das Libanon-Tribunal in Den Haag scharf angegriffen, welches den Mord an Hariris Vater Rafik aufklären soll. Alle Beschuldigungen gegen die Hisbollah seien frei erfunden, das Recht verdreht und die Medien manipuliert worden, „um Unfrieden unter den Libanesen zu schüren und dadurch Israel zu stärken“, rief er aus. Die Ermittler des Tribunals wollen ihre Ergebnisse in den nächsten Wochen vorlegen. Es verdichten sich die Hinweise, dass sie Mitglieder der Hisbollah für die Täter halten.

Aus den USA und Israel kam unterdessen scharfe Kritik an dem Auftritt des iranischen Präsidenten im Hisbollah-Land nahe der Grenze. Dieser fahre fort mit seinen „provokativen Handlungen, selbst wenn er damit seine Nation immer tiefer in wirtschaftliche Schwierigkeiten und Unruhe hineinführt“, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs. Israels Regierung sprach von einem „Spiel mit dem Feuer“. Das Massenblatt „Yediot Aharonot“ titelte: „Ahmadinedschad einen Kilometer entfernt“. Die Zeitung „Maariv“ machte auf mit der Schlagzeile „Ahmadinedschad – näher als je zuvor“, auch wenn in beiden Zeitungen Reportagen über die 33 geretteten chilenischen Bergleute dominierten. Vize-Premier Silvan Schalom wies Forderungen aus ultra-nationalen Kreisen zurück, auf Ahmadinedschad zu schießen. „Wir ermorden keine Staatschefs“, sagte er dem staatlichen Rundfunk, „selbst solche nicht, die aus totalitären Staaten kommen und Israel schaden wollen“.

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