Libanon: Hunderttausende fordern Regierungs-Rücktritt
Die Massenproteste gegen die libanesische Regierung reißen nicht ab: Am Sonntag demonstrierten erneut Anhänger der pro-syrischen Opposition in Beirut und forderten den Rücktritt von Ministerpräsident Siniora.
Beirut - Der westlich orientierte Präsident warnte vor einer Spirale der Gewalt im Libanon. Zuvor hatte der pro-syrische Präsident Emile Lahoud die Einsetzung eines UN-Tribunals abgelehnt, das den Mord am ehemaligen Ministerpräsidenten Rafik Hariri aufklären soll.
Demonstranten aus verschiedenen Landesteilen zogen auf die beiden Plätze vor dem Regierungspalast im Zentrum Beiruts. Sie hielten sowohl die rot-weiß-grünen Fahnen des Libanon als auch die Farben ihrer jeweiligen Gruppierung hoch. Vertreten waren Unterstützer der schiitischen Hisbollah und der Amal-Bewegung sowie Anhänger des christlichen Generals Michel Aoun. Über Lautsprecher wurde die jüngste Rede von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah abgespielt. Darin hatte er angekündigt, seine Anhänger würden ihren Protest bis zur Bildung einer neuen Regierung fortsetzen.
Stürzt das Land in eine Gewaltspirale?
Mindestens 20.000 Soldaten sicherten die Straßen und den Regierungspalast, in dem Siniora wegen der Proteste seit mehr als einer Woche mit mehreren Ministern ausharrt. Der Regierungschef warnte vor einer Eskalation der Proteste. Diese könnten das Land in eine Spirale der Gewalt stürzen, "die im Interesse von niemandem ist", sagte Siniora. Für Montag war ein Generalstreik angekündigt. Die Hisbollah-nahe Zeitung "Al Achbar" berichtete, sämtliche Behörden, der Flughafen, der Hafen, Verwaltungsgebäude sowie mehrere Hauptverkehrsstraßen in Beirut sollten blockiert werden.
Es gab aber auch Gegendemonstrationen von Unterstützern der anti-syrischen Regierung. Sie veranstalteten Kundgebungen im ganzen Land und statteten den Kabinettsmitgliedern am Regierungssitz Solidaritätsbesuche ab. Seit dem Rücktritt von fünf schiitischen Ministern von Hisbollah und Amal im November ist diese Bevölkerungsgruppe nicht mehr in der Regierung vertreten. Die Hisbollah fordert eine Sperrminorität im Kabinett, was Siniora ablehnt.
UN-Ermittler sehen Verwicklungen Syriens in Hariri-Mord
Lahouds Büro teilte am Samstag mit, die Zustimmung der Regierung Siniora zu dem Hariri-Tribunal sei nach Ansicht des Präsidenten nicht rechtens. Die Regierung erfülle nach dem Rücktritt von insgesamt sechs pro-syrischen Ministern nicht mehr den verfassungsgemäßen Anspruch auf Überparteilichkeit. Der UN-Sicherheitsrat hatte die Untersuchung der Ermordung Hariris durch ein internationales Tribunal beschlossen. Die Entscheidung verschärfte die Krise im Libanon. UN-Ermittler sehen Syrien in den Mord verwickelt, was Damaskus stets bestritten hat.
Saudi-Arabiens König Abdullah bezeichnete zum Auftakt des Gipfels des Golf-Kooperationsrates die arabische Welt als "Pulverfass", das mit dem nächsten kleinen Funken in die Luft fliegen könne. Der Libanon sei in Gefahr, nach dem Bürgerkrieg zwischen 1975 und 1990 erneut in einen Konflikt abzugleiten, warnte der Monarch.
Die israelische Zeitung "Jediot Ahronot" berichtete unter Berufung auf israelische Sicherheitskreise, Aktivisten des Terrornetzwerks Al Qaida seien in den Südlibanon eingedrungen. Sie versuchten dort, durch Störaktionen die Waffenruhe zwischen Israel und dem Libanon zu torpedieren. (tso/AFP)
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