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Libanon: Siniora: "Terrorismus ausrotten"

Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora hat angekündigt, den "Terrorismus ausrotten" zu wollen. Am Morgen sanken Schlauchboote durch den Beschuss der Marine, auf denen Kämpfer der Gruppe Fatah al Islam zu entkommen versuchten.

Beirut - Seine Regierung werde den bewaffneten Islamisten der Gruppe Fatah al Islam nicht weichen, sagte Siniora in einer Fernsehansprache zum siebten Jahrestag des israelischen Rückzugs aus dem Libanon. Verteidigungsminister Elias Murr verlangte die Kapitulation der im palästinensischen Flüchtlingslager Nahr al Bared verschanzten Gruppe, andernfalls werde die Armee das Lager erneut angreifen.

Die Armee habe bereits Planungen für den Fall, dass die Sunnitenmiliz in dem Lager nicht aufgebe, sagte Murr am Mittwochabend dem arabischen Satelliten-Sender Al Arabija. Verhandlungen mit der Gruppe werde es nicht geben. Am Morgen beschoss die Marine Schlauchboote, mit denen nach Armeeangaben Kämpfer der Gruppe Fatah al Islam zu entkommen. Armeesprecher wollten keine Angaben darüber machen, ob Soldaten Gefangene machten oder Leichen aus dem Meer bargen. Schiffe der Küstenwache und Marine kreuzten vor der an der Mittelmeerküste gelegenen großen Flüchtlingssiedlung, die sich etwa zehn Kilometer nördlich der Hafenstadt Tripoli befindet.

Siniora: Libanon soll Syrien anerkennen

Siniora wandte sich in seiner Fernsehansprache gegen "provozierende Unterstellungen, wonach der Staat, die Regierung und die Armee gegen Flüchtlinge und das palästinensische Volk vorgehen". Die palästinensischen Flüchtlinge im Libanon bezeichnete er als "unsere Brüder", zwischen denen und den "Terroristen" die Regierung sehr wohl zu unterscheiden wisse. Siniora bezog sich auf Vorwürfe, denen zufolge die Armee das Lager wahllos und ohne Rücksicht auf Verluste unter der Zivilbevölkerung bombardierte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in ihrer Regierungserklärung zum G-8-Gipfel in Berlin, die anhaltenden Versuche, die libanesische Regierung zu schwächen, dürften nicht zum Erfolg führen. "Schlüssel" dafür sei, dass auch Syrien zu einer "konstruktiven Haltung" finde und den Libanon endlich anerkenne.

Zu Fuß oder in Autos zusammengepfercht nutzten die verängstigten Menschen auch eine brüchige Waffenruhe zwischen Islamisten und Armee zur Flucht in die benachbarte Flüchtlingssiedlung Baddawi, nach Tripoli und in nahe gelegene Dörfer. Laut Schätzungen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz befanden sich in der Flüchtlingssiedlung Nahr al Bared noch rund die Hälfte der ursprünglich etwa 31.000 Bewohnerinnen und Bewohner. Die Hilfsorganisation wollte nach eigenen Angaben versuchen, 200 Tonnen Nahrungsmittel unter den Menschen zu verteilen, deren Lage sich zusehends verschlechterte. Auch Erste-Hilfe-Fahrzeuge einer mit der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas verbundenen Gruppe gelangten in das von der Armee belagerte Lager.

Tribunal zum Hariri-Mord soll eingerichtet werden

Der amtierende Vorsitzende des UN-Sicherheitsrats, US-Botschafter Zalmay Khalilzad, erklärte, sein Land werde sich durch die Gewalt im Libanon nicht davon abhalten lassen, ein internationales Tribunal zur Aufklärung des Mordes an dem früheren libanesischen Regierungschef Rafik Hariri einzurichten - auch gegen den Widerstand der pro-syrischen Opposition im Libanon.

In der Gebirgsstadt Alej östlich von Beirut wurden am Mittwochabend fünf Menschen verletzt und mehrere Gebäude beschädigt, als ein Sprengsatz in der Hauptgeschäftsstraße hochging. Alej ist eine Hochburg des Drusen-Führers Walid Dschumblatt, der Syrien für die neu aufgeflammte Gewalt verantwortlich macht. Der französische Außenminister Bernard Kouchner begann unterdessen im Libanon seine Gespräche mit Vertretern aller politischen Lager. Bei den Gefechten um das Flüchtlingslager Nahr al Bared - den schwersten seit Ende des Bürgerkrieges 1990 - starben seit Sonntag etwa 70 Menschen. (tso/AFP)

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