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Libanon: Zerrissen und destabilisiert

Traurige Bilanz: Ein Jahr nach dem Krieg mit Israel ist Libanon politisch tief gespalten, destabilisiert und handlungsunfähig.

Ein Jahr nach dem Krieg mit Israel ist Libanon politisch tief gespalten, destabilisiert und handlungsunfähig. Die rivalisierenden lokalen Akteure werden offen vom Ausland unterstützt. Libanon ist Teil der internationalen Auseinandersetzung zwischen dem Westen und den USA sowie der Achse Iran-Syrien geworden. „Libanon wird dazwischen zerquetscht“, sagt der antisyrische Politiker Walid Dschumblatt, der auf Seiten der Regierung von Fuad Siniora steht.

Der 34-tägige Krieg zwischen der schiitischen Hisbollah-Miliz und Israel im Sommer 2006 hatte die politischen Gegensätze in dem multikonfessionellen Land zugespitzt. Denn die Hisbollah forderte nach ihrem militärischen „Sieg“ mehr politische Mitspracherechte und vergeblich eine Vetomacht in der Regierung, an der sie mit fünf Ministern beteiligt war. Schließlich hat die Opposition aus Hisbollah, Amal und dem Christenführer Michel Aoun die von Sunniten dominierte Regierung verlassen. Parlamentspräsident Nabih Berry verhindert eine Einberufung des Parlaments, in dem die Regierung Siniora eine Mehrheit hat.

Der vom Westen unterstützte Siniora lebt und regiert geschützt hinter den Mauern des Serail, des Regierungssitzes in der Beiruter Innenstadt, aber die Opposition erkennt seine Entscheidungen nicht an. Damit hat der Libanon de facto keine allgemein anerkannte Regierung und kein funktionierendes Parlament. Und die Angst ist groß, dass die politischen Probleme in breite Gewalt umschlagen. Denn die verschiedenen Gewaltherde flackern immer wieder auf: Die blutigen Kämpfe mit Al-Qaida-inspirierten Kämpfern im Nordlibanon dauern an, sechs UN-Blauhelme starben in bei einem Anschlag und zwei syrienkritische Politiker wurden innerhalb der letzten acht Monate ermordet.

Der Krieg, mit dem Israel auf die Entführung von zwei israelischen Soldaten durch die Hisbollah antwortete, hat das Land zudem wirtschaftlich extrem zurückgeworfen. Nach Regierungsangaben wurden 91 von 150 Brücken im Land zerstört, von denen 51 wieder aufgebaut wurden. Laut Weltbank sind 107 000 Häuser zerstört oder beschädigt worden. Der Service- und Tourismussektor, der 70 Prozent des Bruttosozialprodukts erwirtschaftet, liegt brach. Die UN schätzen die Einnahmeverluste in der Landwirtschaft auf 280 Millionen Dollar ein.

Als positiv gilt, dass die libanesische Armee nach mehr als 30 Jahren wieder die Kontrolle über den Südlibanon übernommen hat, zusammen mit 13 000 UN-Blauhelmsoldaten. Doch die Hisbollah soll nördlich des Flusses Litani und in der Bekaa-Ebene ihre militärischen Positionen ausbauen. Der nächste Test für den Libanon ist die Präsidentschaftswahl im September. Wenn es im Vorfeld keine Einigung auf einen Kandidaten gibt, der laut Verfassung Christ sein muss, zerbröckelt die staatliche Autorität weiter.

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