zum Hauptinhalt
71 Prozent der Deutschen wollen laut der Studie des Mill-Instituts rechtsradikale Parteien verbieten, 43 Prozent sind es bei linksradikalen.

© dpa

Liberale Deutsche?: Freiheit ja, Verbote auch

Die Freiheit ist den Deutschen laut einer neuen Studie wichtiger als die Gleichheit. Das schließt den Wunsch nach staatlichen Eingriffen in bestimmten Fällen nicht aus.

Mit der Freiheit haben es die Deutschen ja nie so gehabt, aber es scheint besser zu werden – jedenfalls bei den Jüngeren. Das ist ein Kernergebnis einer Untersuchung des Heidelberger John-Stuart-Mill-Instituts (benannt nach dem britischen liberalen Philosophen) zusammen mit den Allensbacher Demoskopen und der Uni Mainz. Das andere lautet, etwas paradox: Der Ruf nach staatlichen Einschränkungen und Verboten wird lauter, Freiheit hin, Freiheit her.

In der Befragung von 1800 Bürgern halten sich die Meinungen die Waage, was wichtiger ist: Freiheit oder möglichst große Gleichheit. 44 Prozent neigen der Freiheit zu, 40 Prozent der Gleichheit. Jeder zweite setzt Freiheit vor allem mit Selbstbestimmung und Selbstverantwortung gleich, etwa in der Frage der Berufswahl. 21 Prozent haben einen weitergehenden Freiheitsbegriff: Man will leben, wie man möchte, und tun, was man will. Ein Viertel (im Osten ein gutes Drittel) versteht unter Freiheit vor allem das Fehlen von sozialer Not und Armut.

Vor allem im Osten allerdings wächst die Freiheitsneigung der jüngeren Jahrgänge unter 30 Jahren. 56 Prozent dort und 58 Prozent im Westen sind der Ansicht, jeder sei seines Glückes Schmied – für Thomas Petersen vom Institut für Demoskopie ein Indikator dafür, wie weit Freiheitsvorstellungen in einer Gesellschaft reichen. Bei den älteren Westdeutschen sind 53 Prozent, bei den älteren Ostdeutschen 39 Prozent der Meinung, Schmied des eigenen Glücks sein zu können. Insgesamt gibt es keine Unterschiede mehr beim subjektiven Freiheitsgefühl zwischen Ost und West: Gegenüber 2003 ist es im Westen leicht gesunken, im Osten deutlich gestiegen.

Aber auch die Verbotsneigung unter den Deutschen wächst, möglicherweise Zeichen für ein größeres Verlangen nach Sicherheit. Ulrike Ackermann vom Mill- Institut sagt, dass die Bürger offenkundig keinen Widerspruch zwischen größerer individueller Freiheitsneigung und mehr staatlichen Eingriffen sehen. Eine klare „Verbotsmehrheit“ gibt es bei harten Drogen wie Heroin (92 Prozent), beim Klonen von Menschen (84 Prozent), rechtsradikalen Parteien (71 Prozent – bei linksradikalen sind es 43 Prozent), bei Gewaltvideos (62 Prozent).

Aber wie freiheitswidrig wären solche Verbote? Bei Pornografie, Gotteslästerung, Glücksspiel oder dem Verkauf von Hochprozentigem fällt die Verbotsneigung schon auf ein Drittel oder ein Viertel, Sterbehilfe würden 15 Prozent verbieten, PS-starke Autos 18 Prozent.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false