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Fähnchen im Wind oder Sturm im Wasserglas? FDP-Nachwuchspolitiker gehen auf Distanz zum Chef.

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Liberale: Junge Garde der FDP auf Distanz zu Westerwelle

Die Zukunft von FDP-Chef Westerwelle ist weiter ungewiss. Lindner, Rösler und Bahr erklären die Personaldebatte zwar für beendet, kritisieren aber "Radikalisierung von Programm und Rhetorik".

Von Hans Monath

Wenige Tage vor dem Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart am Donnerstag ist die Zukunft von Parteichef Guido Westerwelle weiter ungewiss. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sowie Gesundheitsminister Philipp Rösler und sein Staatssekretär Daniel Bahr erklärten zwar die Personaldebatte in ihrer Partei in einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ für beendet. Rösler ist Landesvorsitzender in Niedersachsen, Bahr Landesvorsitzender in Nordrhein-Westfalen. Zugleich distanzierten sich die drei Politiker aber deutlich von der Politik des amtierenden Bundesvorsitzenden. „Thematische Verengung, die Parteinahme für einzelne Wählergruppen, die exklusive und dauerhafte Bindung an nur einen Koalitionspartner, die Radikalisierung von Programm und Rhetorik oder die interne Zirkelbildung sind keine Optionen für eine liberale Partei“, schreiben sie in ihrem Thesenpapier zur programmatischen Erneuerung der FDP. Die Partei dürfe sich nicht auf ein Thema verengen, sondern müsse die Traditionen des Wirtschaftsliberalismus, des Bürgerrechtsliberalismus und des sozialen Liberalismus verbinden.

Lindner, Rösler und Bahr griffen damit zentrale Vorwürfe aus der Partei an die Adresse Westerwelles auf. Sofern der Parteichef den Empfehlungen der drei nachkomme, werde er ein Vorsitzender ohne Autorität, hieß es aus der FDP-Bundestagsfraktion. Die drei Politiker hätten mit ihrem Beitrag mit dem Titel „Jetzt erst recht“ ein Bewerbungsschreiben um die Parteiführung abgeliefert. Westerwelle war in den vergangenen Wochen aus der eigenen Partei zum Rücktritt gedrängt worden.

Zugleich wurde aus der FDP die Erwartung geäußert, dass Westerwelle als Parteivorsitzender sowohl den Empfehlungen der drei jüngeren Politiker folgt als auch eine Machtübergabe einleitet. Bundesvorstandsmitglied Jorgo Chatzimarkakis forderte vom Parteivorsitzenden, mittelfristig den Weg für jüngere Nachwuchskräfte frei zu machen: „Die Moderation des Überganges liegt in den Händen von Guido Westerwelle, egal, wie lange dieser Übergang auch dauern mag“, sagte der Europaabgeordnete dem Tagesspiegel.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler begrüßte den Vorstoß der drei Führungskräfte. „Da wurden endlich mal die inhaltlichen Unzulänglichkeiten, die seit Monaten offensichtlich sind, angesprochen“, sagte Schäffler dem Tagesspiegel. Für ihn sei der Brief auch ein Beleg für die Fähigkeit der jungen FDP-Garde. „Das ist ein ordentlicher Fingerzeig der jungen Führungsriege in der FDP“, sagte er.

Die baden-württembergische FDP-Landesvorsitzende und Fraktionschefin im Bundestag, Birgit Homburger, attestierte Parteifreunden, die die Personaldiskussion um Westerwelle weiterführten, „Lust auf Selbstmord“. Die Mehrheit der FDP- Anhänger akzeptiere, dass Westerwelle „das Deck nicht verlässt, wenn es stürmt“, sagte Homburger vor 400 Delegierten des Landesparteitags in Stuttgart. Sie warnte davor, „das Geschäft des politischen Gegners“ zu betreiben: „Personaldiskussionen sind Gift, keine Medizin.“

Eine Sprecherin der FDP widersprach der Deutung, das Papier Lindners, Röslers und Bahrs bedeute ein Distanzierung von Westerwelle. „Der Neujahrsappell wurde geschrieben aus Loyalität zur FDP und zum Parteivorsitzenden Guido Westerwelle“, sagte sie. Das Papier war nach Angaben aus der FDP nicht mit Westerwelle abgestimmt worden, Lindner hatte es ihm aber angekündigt. Aus dem Umfeld des Außenministers verlautete, Westerwelle empfinde die Thesen als „sehr gelungen“.

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