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Freiheitsstatue in New York.

© dpa

Liberalismus in Deutschland: Freiheit ja, Marktwirtschaft nein

Die Deutschen legen laut einer Studie immer mehr Wert auf Freiheit. Nur in der Wirtschaft gilt das nicht.

Freiheit wird den Deutschen wichtiger. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung, die das Heidelberger John-Stuart-Mill-Institut zusammen mit der Universität Mainz und dem Allensbacher Institut für Demoskopie durchgeführt hat. Der Namensgeber des Heidelberger Instituts, John Stuart Mill, wäre darüber wohl erfreut: Der 1873 verstorbene, englische Philosoph gilt als einer der einflussreichsten Theoretiker des Liberalismus. Fröhlich stimmen würde ihn vermutlich auch ein weiteres Ergebnis: Die Deutschen wünschen sich weniger Verbote als noch 2011, als die Forscher zum ersten Mal ihre Ergebnisse präsentierten.

Auch im innerdeutschen Vergleich gebe es Positives zur Freiheit zu vermelden, sagt Ulrike Ackermann, die Leiterin des Mill-Instituts. Wie die Befragung von 1558 Personen ergab, fühlten sich Ostdeutsche in diesem Jahr erstmals freier als Westdeutsche. Außerdem stimmt unter den Ostdeutschen erstmals eine Mehrheit der Aussage zu, dass „jeder Mensch seines Glückes Schmied“ sei.

Insgesamt ist den Deutschen Freiheit etwas wichtiger als noch im Vorjahr, laut Ackermann eine „gute Entwicklung“. Müssten sie sich entscheiden, würden außerdem mehr Deutsche Freiheit den Vorrang vor Gleichheit geben. In Einklang damit geht die Verbotsneigung unter den Deutschen wieder zurück; im Vorjahr war sie sprunghaft angestiegen. So sind in diesem Jahr weniger Menschen für ein Tempolimit auf Autobahnen oder für ein Verbot von Parteispenden als 2011. Dennoch gibt es auch Themen, bei denen eine klare Mehrheit ein Verbot befürwortet, etwa beim Konsum von harten Drogen wie Heroin und Kokain (82 Prozent) oder beim Klonen von Menschen (75 Prozent).

Der Vormarsch der Freiheit gilt den Forschern zufolge allerdings nicht für alle Lebensbereiche. In der Wirtschaft lehnen mittlerweile viele das Liberalismusprinzip ab. „Die Skepsis gegenüber der Marktwirtschaft erreicht in diesem Jahr eine neue Dimension“, sagte der Allensbacher Demoskop Thomas Petersen. So gaben 46 Prozent der Befragten an, die freie Marktwirtschaft führe automatisch zu sozialer Ungerechtigkeit. Dies denkt erstmals auch eine Mehrheit der Westdeutschen. John Stuart Mill hätte das wiederum nicht gefallen. Mill war schließlich nicht nur liberaler Philosoph, sondern auch Ökonom.

Benedikt Peters

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