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Spezialeinheit

© dpa

Libyen-Affäre: BND bestreitet Verwicklung

Bis zum Jahr 2006 stand Libyen auf der Liste der Staaten, die Terroristen unterstützen. In dieser Zeit sollen auch deutsche Spezialeinheiten illegal libysche Sicherheitskräfte geschult haben. Der Fall schlägt hohe Wellen: Zunächst hieß es, auch der deutsche Auslandsgeheimdienst BND sei in die Affäre verwickelt - doch der BND dementiert heftig.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat jede Verwicklung in die Affäre um die Ausbildungseinsätze deutscher Polizisten in Libyen dementiert. "Der BND hat weder Ausbildungshilfe geleistet, noch war er beratend oder begleitend eingebunden", sagte ein Sprecher des Geheimdienstes dem Tagesspiegel. Der BND habe von dem Engagement einer privaten Sicherheitsfirma überhaupt nichts gewusst. Damit widerspricht der Dienst einem Bericht der "Berliner Zeitung", wonach er die Lehrgänge für libysche Sicherheitskräfte zwischen 2005 und 2007 begleitet habe.

Trotz des klaren Dementis werden die Vorwürfe den Bundestag beschäftigen. Mehrere Abgeordnete verlangten am Samstag über die Parteigrenzen hinweg die Einschaltung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG), das sich mit der Arbeit der Geheimdienste befasst. "Allein bei Erwähnung des Namens Libyen müssen beim BND alle roten Lampen angehen", sagte CDU/CSU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) der "Bild am Sonntag". Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sprach von einem "unglaublichen Aufklärungsbedarf".

Disziplinarverfahren eingeleitet

Ein Sprecher der Bundesregierung sagte eine genaue Prüfung des gesamten Sachverhalts zu. Für die Kontrolle der Geheimdienste war seinerzeit im Kanzleramt der heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zuständig. Insgesamt sollen seit Dezember 2005 gut 30 deutsche Polizisten, ein Soldat und Spezialisten mit GSG-9-Hintergrund Polizeikräfte in Libyen ausgebildet haben. Die Beamten sollen aber ohne Erlaubnis ihrer Behörden tätig geworden sein. Es laufen deshalb mehrere Disziplinarverfahren. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf Ermittlungen aufgenommen.

Die "Berliner Zeitung" berichtete unter Berufung auf nicht näher genannte "Sicherheitskreise", die Zusammenarbeit mit Tripolis sei nach einem Besuch des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) beim libyschen Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi im Oktober 2004 vereinbart worden. Der BND habe aber darauf bestanden, im Hintergrund zu bleiben und sich nicht mit eigenen Kräften zu beteiligen. Dazu sagte der Geheimdienstsprecher: "Die Behauptungen sind falsch." Der BND habe weder "Ausbildungshilfe geleistet, noch war er beratend noch begleitend eingebunden".

Zu einem Bericht des Magazins "Der Spiegel", wonach auch die deutsche Botschaft in Tripolis über den Einsatz Bescheid wusste, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes: "Wir haben bisher keinerlei Anzeichen, dass das stimmt." Nach Informationen des "Tagesspiegels am Sonntag" war auch ein Personenschützer des Verteidigungsministeriums an der Ausbildungshilfe beteiligt.

Massive Verletzung der Menschenrechte beklagt

Dem "Spiegel" zufolge begann der Einsatz der inzwischen insolventen Sicherheitsfirma BDB Protection GmbH im Dezember 2005 und ging im Juni 2006 zu Ende. Das Ausbildungsprogramm für etwa 120 libysche Polizisten fand demnach hauptsächlich in einer Kaserne in Tripolis statt. Dazu gehörte neben Fahrtraining auch das "Taktische Vorgehen beim Zugriff in Gebäuden" sowie das Entern von Schiffen und das Absetzen aus Hubschraubern. Das Unternehmen habe dafür insgesamt 1,6 Millionen Euro bekommen. Nach "Spiegel"-Informationen erhielt einer der Beamten rund 50.000 Euro.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft verlangte ebenfalls eine "rückhaltlose Aufklärung" der Vorwürfe. Libyen stand bis Mai 2006 auf der Liste der Staaten, die Terrorismus unterstützen. Trotz der Öffnung gegenüber dem Ausland werden auch heute noch massive Verletzungen der Menschenrechte beklagt. (jam/dpa/ddp/AFP)

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