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Libyen-Ausbilder: Auf eigene Rechnung

Deutsche Polizisten sollen in ihrer Freizeit für viel Geld libysche Sicherheitskräfte ausgebildet haben. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft. Hochbrisante Einsatzunterlagen sollen dadurch in die Hände der Libyer geraten sein.

Der Herr Innenminister war verärgert. „Völlig inakzeptabel“, lautete die spontane Reaktion, als Ingo Wolf zum ersten Mal davon hörte, dass einige seiner Polizeibeamten in ihrer Freizeit unter libyscher Sonne Sicherheitskräfte von Muammar al Gaddafi trainiert haben. Gleich acht Beamte aus der nordrhein-westfälischen Polizei sind unter so heftigen Verdacht geraten, dass die Staatsanwaltschaft inzwischen ermittelt. „Das ist ein sicherheitspolitischer Super-GAU“, urteilte Frank Richter, der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GDP) in Nordrhein-Westfalen. Bei den Ermittlungen geht es um Geheimnisverrat, weil hochbrisante Einsatzunterlagen in die Hände der Libyer geraten sein sollen.

Insgesamt sollen mehr als 30 deutsche Polizisten, ein Soldat und Spezialisten aus dem Bereich der Eliteeinheit GSG-9 auf eigene Rechnung Sicherheitskräfte Gaddafis ausgebildet haben. Nach Angaben eines Sprechers im Verteidigungsministerium hat die Bundeswehr im ersten Halbjahr 2006 erstmals von dem Komplex erfahren.

Organisiert wurden die offenbar höchst lukrativen Trainingsmaßnahmen von einem früheren Beamten der Spezialeinheit SEK, der sich in der Sicherheitsbranche inzwischen selbstständig gemacht hat. Der 48-Jährige soll, so die bisherigen Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft, zwischen 2005 und 2007 gleich mehrere Trainingsaufenthalte von Kollegen aus Spezialeinheiten in dem Wüstenstaat vermittelt haben. Er bestreite die Vorwürfe, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Ein Sprecher der Behörde erklärte, dass seine Wohnung nach Beweismaterial durchsucht worden sei. Die sichergestellten Unterlagen würden nun ausgewertet.

Im Kreise der früheren Kollegen hat der 48-Jährige reichlich Interessenten für den heiklen Dienst gefunden. Für ihre Dienste, so viel wurde inoffiziell bestätigt, sollen zum Teil erhebliche Beträge geflossen sein. „Pro Woche waren das 15 000 Euro, für die Vermittlung waren 50 000 Euro fällig“, hieß es dazu in Düsseldorfer Polizeikreisen. Die jeweiligen Beamten hatten allerdings in keinem Fall die notwendigen Nebentätigkeitsgenehmigungen eingeholt. Die acht betroffenen Beamten in Nordrhein-Westfalen sind inzwischen aus den Sondereinsatzkommandos in den regulären Streifendienst zurückversetzt worden.

Aufgeflogen ist die Sache dank eines Hinweises an das Düsseldorfer Landeskriminalamt im Sommer 2007. Mit der Untersuchung wurde das Düsseldorfer Polizeipräsidium betraut, weil niemand aus der Landeshauptstadt an den Trainingsmaßnahmen in Libyen beteiligt gewesen sein soll. Die jeweiligen aktiven Beamten haben Probleme auf zwei juristischen Feldern: Einmal müssen sie dienstrechtliche Konsequenzen fürchten, weil sie ihre Tätigkeit nicht haben genehmigen lassen. Zweitens steht der Verdacht im Raum, dass sie Dienstgeheimnisse verraten haben. „Wer bestimmte Einsatztechniken verrät, macht sich strafbar“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, dem Tagesspiegel. Dazu gehörten auch bestimmte Schießtechniken, die über einfaches Waffentraining hinausgingen.

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