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Libyen: Gaddafi trotzt den Angriffen

Libyens Staatschef Muammar al Gaddafi geht trotz der Angriffe des Westens weiter gegen die Rebellen im Land vor. Dabei setzt er offenbar Zivilisten als menschliche Schutzschilde ein.

Libyens Staatschef Muammar al Gaddafi geht trotz der Angriffe des Westens weiter gegen die Rebellen im Land vor. Bei einem „grünen Marsch“ auf Bengasi will er nach einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Jana tausende Zivilisten in die größte von Rebellen gehaltene Stadt schicken. Ein Sprecher der Rebellen sagte, die Zivilisten sollten in Bengasi als menschliche Schutzschilde eingesetzt werden. Bewohnern zufolge ist die Stadt von Gaddafi-Truppen eingekesselt und von der Wasserversorgung abgeschnitten. Im Zentrum halten sich demnach bewaffnete Gaddafi-Truppen in zivil auf.

Mit einem Angriff auf einen Militärstützpunkt, auf dem Gaddafi und seine Familie leben, beschädigten die Alliierten angeblich ein militärisches Kommandozentrum schwer. London und Washington bezeichneten die Angriffe als „erfolgreich“. Nach Berichten arabischer Medien soll Chamies al Gaddafi, ein Sohn des Machthabers, Opfer eines Kamikaze-Piloten geworden sein, der zuvor aus der libyschen Luftwaffe desertiert war.

Trotz angeblicher Waffenruhe griffen Gaddafis Truppen nach einem Bericht des Senders Al Arabija Stellungen der Rebellen in der Stadt Al Sintan an. Französische Kampfjets flogen nach Angaben eines Militärsprechers in Paris Einsätze zur Durchsetzung der Flugverbotszone.

Die Außenminister der 27 EU-Staaten beschlossen in Brüssel, neun Firmen in eine Liste von Unternehmen aufzunehmen, deren Konten in der EU eingefroren werden. Die Liste von knapp 30 Personen, denen die Einreise in die EU verboten wurde und deren Konten gesperrt wurden, wurde um elf Mitglieder des Führungskreises von Gaddafi erweitert.

Die Nato zeigte sich gespalten über eine Beteiligung an der Militäraktion. Frankreich blockierte eine Einigung; Paris lehnte am Montag die von anderen Nato-Staaten geforderte Führungsrolle des Bündnisses bei dem Einsatz ab. Auch aus den Nato-Ländern Türkei und Bulgarien kam Kritik. Bei den Beratungen im Bündnis zeichnete sich bis Montagabend keine Einigung ab. Die USA wollen binnen weniger Tage die Führung des Militäreinsatzes gegen Libyen abgeben. Das sei ein Frage von Tagen und nicht von Wochen, sagte Präsident Barack Obama.

Russlands Regierungschef Wladimir Putin nannte es beunruhigend, wie leicht auf internationaler Ebene Kampfhandlungen gegen souveräne Staaten durchgesetzt würden, und sprach laut Agentur Interfax von einem „Aufruf zum Kreuzzug“. Der UN-Sicherheitsrat wird am Donnerstag zu einer weiteren Sondersitzung wegen der Luftangriffe auf Libyen zusammentreten. Das beschloss das mächtigste UN-Gremium am Montag in New York.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, begrüßte die Intervention „in letzter Sekunde“ und kritisierte zugleich das Verhalten der Bundesregierung: „Ich habe Verständnis für den schwierigen Abwägungsprozess der Bundesregierung, aber die Begründung der Enthaltung ist nicht verständlich“, sagte er dem Tagesspiegel. Auch ein Ja aus Berlin hätte nicht zwingend bedeutet, dass Bundeswehrsoldaten entsandt werden. „Die allermeisten Muslime in Deutschland und auch weltweit“ stünden hinter der Aktion, weil Gaddafi sein eigenes Volk abschlachte, Krankenhäuser beschießen und Zivilisten ermorden lasse und so eine friedliche Revolution ersticke. Es sei zudem „einmalig in unserer Zeit, dass es hier eine gemeinsame vom Westen und von der muslimischen Welt getragene UN-Resolution gibt“.

Die Bundesregierung will noch diese Woche mit einer Änderung des Afghanistan-Mandats den Weg frei machen für eine indirekte Unterstützung des Libyen-Einsatzes. Der Bundestag soll einem neuen Bundeswehr-Mandat zustimmen, das den Einsatz deutscher Soldaten in Awacs-Flugzeugen in Afghanistan zulässt und die USA für den Libyen-Einsatz entlastet, hieß es im Parlament. mit dpa

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