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Die Nato har mehrere Regierungsgebäude in Tripolis unter Beschuss genommen - und teilweise erhebliche Schäden angerichtet.

© Reuters

Libyen: Nato greift Regierungsgebäude von Gaddafi an

Die Nato hat bei nächtlichen Angriffen auf die libysche Hauptstadt Tripolis offenbar Gebäude in dem vom Diktator Muammar al-Gaddafi benutzten Areal getroffen.

Mit einem massiven Raketenangriff auf den Regierungssitz von Muammar Gaddafi hat die Nato am Montag ihre Absicht signalisiert, den libyschen Diktator zu beseitigen. Ein Regierungssprecher in Tripolis sagte, der Beschuss werde als versuchte Tötung Gaddafis verstanden. In dessen schwer bewachtem Hauptquartier Bab al Azizya hatte es in der Nacht zwei ungewöhnlich schwere Bombenexplosionen gegeben. Danach waren drei der staatlichen libyschen Fernsehsender über eine halbe Stunde lang nicht auf Sendung. Völlig zerstört wurde ein Gebäude, in dem die persönlichen Büros des Gewaltherrschers sowie eine dreistöckige Bücherei untergebracht waren. Getroffen wurde auch ein repräsentativer Palast nebenan, in dem Gaddafi kürzlich noch eine Delegation der Afrikanischen Union (AU) empfangen hatte.

Am Morgen kletterten Gaddafi-Anhänger auf die Trümmer, hissten die grüne Flagge und beschuldigten die Nato, Gaddafi umbringen zu wollen. Wo sich der Despot zum Zeitpunkt des Angriffes aufhielt, ist unklar. Nach Angaben des Regimes wurden bei dem Luftangriff 45 Menschen verletzt, 15 davon schwer. Andere Informationen sprechen jedoch lediglich von vier leicht Verletzten.

Gaddafis Truppen nahmen derweil die Stadt Misrata auch das ganze Wochenende wieder mit Grad-Raketen unter schweren Beschuss. Nach Angaben lokaler Ärzte starben am Samstag und Sonntag mindestens 30 Menschen, mehr als je zuvor. Trotzdem gelang es den Rebellen offenbar, entlang des seit Wochen heftig umkämpften Tripolis-Boulevards die Oberhand zu gewinnen. Nach eigenen Angaben konnten sie die meisten Scharfschützen Gaddafis von den Hochhausdächern der 300.000 Einwohner zählenden Stadt vertreiben oder gefangen nehmen. Auch das städtische Krankenhaus und der zentrale Marktplatz sind wieder unter Kontrolle der Aufständischen. Bisher hatten die Ärzte die Verwundeten der Rebellen in kleinen, auch teilweise provisorischen Krankenstationen in der Nähe des Hafens behandeln müssen.

Von den Aufständischen gefangene Soldaten Gaddafis berichteten gegenüber BBC, die Moral in der Truppe sei schlecht. Viele würden gerne desertieren, hätten aber Angst, von den Rebellen hingerichtet zu werden. Am Samstag hatte das Regime durch seinen Vizeaußenminister Khaled Kaim ankündigen lassen, die Armee habe sich aus Misrata zurückgezogen und den Beschuss der stark zerstörten Stadt eingestellt. In Wirklichkeit jedoch stehen Gaddafis Truppen weiterhin am westlichen Standrand und beschießen die Wohnviertel durch Raketenwerfer. Eine dieser Kriegsmaschinen war am Samstag durch den Angriff einer amerikanischen Drohne zerstört worden, die nach der Ankündigung der Vereinigten Staaten in der letzten Woche erstmals über Libyen zum Einsatz kam.

Der Präsident des Provisorischen Nationalrates in Benghazi, Mustafa Abdel Jalil, reiste derweil nach Kuwait, was den Aufständischen einen Kredit von 120 Millionen Euro für Gehaltszahlungen zusagte. Viele Angestellte haben seit zwei Monaten kein Geld mehr erhalten, weil die Provisorische Regierung nicht über genügend Finanzmittel verfügt. Der Provisorische Nationalrat ist bisher nur von einer Handvoll Staaten als offizielle Regierung Libyens anerkannt, aus der arabischen Welt allein von Katar.

Jalil bestätigte, dass die Aufständischen inzwischen Waffen von "Freunden und Verbündeten" bekämen, weigerte sich aber, die genaue Herkunft der Lieferungen anzugeben. Die Rebellen in Misrata werden schon länger von Benghazi aus mit Waffen und Munition versorgt, die libysche Kapitäne mit kleinen Fischtrawlern oder Küstenmotorschiffen dorthin schaffen.

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