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Libyens Staatschef Gaddafi: "Die Antwort wird brutal sein"

Nach einem Blutbad der Polizei unter den Demonstranten hat das Regime des libyschen Staatschefs Gaddafi der Opposition mit harter Unterdrückung gedroht. Im Iran fordern Tausende den Tod für Oppositionsführer.

Nach einem Blutbad der Polizei unter den Demonstranten hat das Regime des libyschen Staatschefs Muammar al Gaddafi am Freitag der Opposition mit harter Unterdrückung gedroht. „Die Antwort wird scharf und brutal sein“, verkündeten die Revolutionären Komitees, die als ideologisches Rückgrat des Regimes gelten. Machthaber Gaddafi selbst ließ sich nach einem Bericht des libyschen Fernsehen am Freitagmorgen kurz auf dem Grünen Platz in der Hauptstadt Tripolis blicken, empfangen von jubelnden Anhängern.

Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch (HRW) und Amnesty International (ai) beschuldigten die libyschen Ordnungskräfte, am Donnerstag sofort und ohne Gnade auf die Demonstranten geschossen zu haben. Sie gehen inzwischen von mindestens 27 Toten aus, oppositionelle Webseiten sogar von mehr als 40 Toten. Inspiriert durch die Volksaufstände in Tunesien und Ägypten hatten Regimegegner am Donnerstag in Libyen über Facebook zu einem „Tag des Zorns“ aufgerufen. Dabei kam es, abgesehen von der Hauptstadt Tripolis, in allen größeren Städten des Landes zu schweren Unruhen.

So sollen allein in Benghasi – mit 660 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Landes – mehr als ein Dutzend Menschen gestorben sein. Wie der Chefredakteur der dort ansässigen halbstaatlichen Regionalzeitung „Quryna“ bestätigte, kam es nach einer Revolte auch zu einem Massenausbruch von Häftlingen aus dem Al-Kuifya-Gefängnis. Die Geflohenen setzten das Gerichtsgebäude, eine Polizeiwache und eine Bank in Brand.

In der Küstenstadt Al-Baida sind nach Angaben von Human Rights Watch mindestens 16 Demonstranten durch Polizeikugeln gestorben, 70 wurden verwundet, von denen viele in Lebensgefahr schweben. Nach Informationen des britischen Senders BBC weigerten sich die Behörden, die Krankenhäuser mit Medikamenten und Blutkonserven zu versorgen. Am Freitag meldeten zwei libysche Exilgruppen, die Regimegegner hätten die Kontrolle in der Stadt übernommen. Einige Polizisten hätten sich auf die Seite der Protestierenden geschlagen.

„Die rücksichtslosen Angriffe der Sicherheitskräfte auf friedliche Demonstranten offenbaren das brutale Wesen des Regimes von Gaddafi, wenn es mit interner Kritik konfrontiert ist“, erklärte Sarah Leah Whitson, bei HRW zuständig für den Nahen Osten und Nordafrika. In Benghasi gingen die Proteste auch am Freitag weiter, als die ersten der Opfer beerdigt wurden. Unter anderem versammelten sich vor dem örtlichen Justizgebäude Hunderte von Anwälten und Richtern. Sie verlangten eine Verfassung sowie die Einführung eines Rechtsstaates.

In der nahe der Grenze zu Ägypten gelegenen Stadt Tobruk rissen Demonstranten ein Denkmal für das von Gaddafi verfasste „Grüne Buch“ nieder. In dem gut 100 Seiten langen Pamphlet hatte der Revolutionsführer einst seine politischen Gedanken ausgebreitet.

Unterdessen entsandte der Beduinenoberst am Freitag seinen Sohn Al Saadi al Gaddafi nach Benghasi. Wie die libysche Zeitung „Al-Watan“ meldete, will der 37-jährige Ex-Fußballprofi in der Unruhestadt einen Aktionsplan zur Verbesserung der Infrastruktur umsetzen. „Dabei wird sich keiner der bisherigen Verantwortlichen einmischen dürfen“, erklärte er der Zeitung gegenüber. Mit seinem politisch versierten und als reformoffen geltenden Sohn Saif al-Islam hat sich der Potentat in den letzten Monaten überworfen. Den nächsten Gipfel der Arabischen Liga am 29. März in Bagdad ließ Gaddafi unterdessen absagen, der momentan den Vorsitz in dem Staatenbund führt. Der Grund dafür seien die zahlreichen Unruhen in den arabischen Staaten, berichtete die libysche Nachrichtenagentur Jana.

Im Iran folgten derweil zehntausende Regierungsanhänger einem Aufruf von Präsident Mahmud Ahmadinedschad und demonstrierten gegen die Opposition. Die vor der Teheraner Universität versammelte Menge rief Todesdrohungen gegen die Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karubi: „Tod Mussawi, Tod Karubi“.

Die offiziellen Wortführer der Demonstranten vor der Universität feuerten die Menge an, die lautstark die Hinrichtung Mussawis und Karubis forderte. Nach dem Freitagsgebet stießen Geistliche zu den Demonstranten auf dem Revolutionsplatz und skandierten dieselben Forderungen: „Tod Mussawi, Tod Karubi“. In seiner Predigt forderte Ayatollah Ahmed Dschanati, Chef des mächtigen Wächterrats, die völlige Isolation Mussawis und Karubis.

Dschanati brandmarkte beide Politiker als „Diener Amerikas“ und rief „schämt euch“. Die Justiz müsse den beiden Politikern alle Kontaktwege abschneiden sowie ihr Telefon und Internet abstellen. „Sie müssen in ihren Häusern gefangen gehalten werden“, forderte der Ayatollah. Auf die Forderung der Demonstranten, Mussawi und Karubi zu „hängen“, entgegnete Dschanati: „Aber sie sind schon (politisch) erhängt, sie haben keine Reputation mehr.“ Der Chef der iranischen Justiz, Ayatollah Sadek Laridschani, hatte zuvor angekündigt, dass Mussawi und Karubi künftig „keine Erklärungen“ mehr veröffentlichen könnten. Er bezeichnete sie als „Verräter“. Die beiden Oppositionsführer stehen bereits seit Tagen de facto unter Hausarrest.

Für Sonntag rief die Opposition landesweit zu neuen Protesten auf, um der bei der Montagsdemonstration Getöteten zu gedenken und um Mussawi und Karubi zu unterstützen. Die beiden Politiker stehen seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl im Juni 2009 an der Spitze der Opposition. Ahmadinedschad hatte die Wahl nach offiziellen Angaben gewonnen. Die Proteste der Opposition gegen das Ergebnis ließ die Führung in Teheran brutal niederschlagen. mit AFP

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