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Politik: Liebesbriefe aus dem Palazzo

TV, Verlage, Hofberichterstattung – Italiens Premier genügt das nicht

Er hat nicht nur die Regierung, sondern auch die wichtigsten Medien des Landes fest im Griff. Doch um die Herzen seiner Landsleute zu erreichen, hat Italiens Premier Silvio Berlusconi ein uraltes Kommunikationsmittel neu entdeckt: Er schreibt Briefe. Immer noch hätten die Italiener nicht mitbekommen, dass er „unendlich viel arbeite“, klagte der Premier nach Angaben der römischen Zeitung „La Repubblica“ kürzlich auf einem Parteifest in Mailand. Und ließ dabei Unzufriedenheit auch mit den eigenen Leuten durchblicken: Die Leistungen der Regierung seien „kaum zu sehen“, und leider nicht nur für die Bürger, die die Blätter aus dem „roten Orchester“ läsen. Deshalb würden die Italiener bald Post von ihm selbst bekommen, versprach der Premier: „Ich bin gerade dabei, einen Brief an alle Italiener zu schreiben.“

Die kennen das schon: Im Wahlkampf 2001 hatte er ihnen eine ganze Zeitschrift als Postwurfsendung zukommen lassen: „Eine italienische Geschichte“, das Leben des Silvio Berlusconi in vielen farbigen Bildern, Anekdoten, Erfolgsmeldungen und Geständnissen, etwa dem, dass auf dem Nachttisch in der Villa bei Mailand stets Platons „Staat“ liege und seine fast immer unsichtbare Frau Veronica Lario die Liebe seines Lebens sei.

Seither verließ Berlusconi sich eher auf seine Medienmacht, um die Erfolge seiner Amtszeit unters Volk zu bringen. Immerhin gehören ihm drei beliebte Fernsehsender, und seit er Premier ist, redet er auch bei den staatlichen Programmen der Rai ein lautes Wörtchen mit. Den Auftakt der Regierungskonferenz zur EU-Verfassung am vergangenen Wochenende in Rom ließ er entsprechend inszenieren. Nach Angaben von „Repubblica“ durfte Mario Catalano das Bühnenbild und die Beleuchtung der Staatsbühne besorgen – mit je einem Scheinwerfer über jedem der 29 Staats- und Regierungsoberhäupter. Catalano hatte einst die Kulissen des Schlagerfestivals von San Remo unter sich und war auch Ausrüster für den Nato-Gipfel in Pratica di Mare im Jahr 2002. Die Auswahl der Berichterstatter in Rom besorgte der Premier am Samstag selbst: Er las, bemerkte die „Süddeutsche Zeitung“ indigniert, eine Liste mit Namen von Journalisten vor, „die angeblich vor der Veranstaltung um eine Frage nachgesucht hatten“. Mehr als sechs hatten sich demnach nicht gemeldet.

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