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Oskar Lafontaine, Ex-Vorsitzender der Linkspartei

© dapd

Linke: Linkspartei ist machtlos gegen Machtgerangel

Auch im neuen Jahr irrlichtert die Linkspartei in Personalfragen. Sicher ist: Der Ex-Parteichef Oskar Lafontaine will den früheren Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch als neuen Vorsitzenden verhindern.

Von Matthias Meisner

Es bleibt ein Gerücht: Hat sich der Ex-Vorsitzende der Linken, Oskar Lafontaine, mit seinem Parteifreund Dietmar Bartsch versöhnt, der auf seinen Druck hin vor zwei Jahren als Bundesgeschäftsführer geschasst worden war? Die Wochenzeitung „Jungle World“ berichtete, ähnlich wie zuvor der „Spiegel“, Lafontaine sei möglicherweise sogar bereit, Bartsch, derzeit Fraktionsvize, als neuen Parteivorsitzenden zu akzeptieren, wenn diesem nicht nur eine westdeutsche Frau der Parteilinken als Co-Vorsitzende zur Seite gestellt würde, sondern „als Wachhund auch gleich noch Lafontaines Adlatus Ulrich Maurer im Amt des Bundesgeschäftsführers“.

Allein: Es gibt für diese Spekulationen aus dem Umfeld Lafontaines keine Bestätigung, im Gegenteil. Der Saarländer soll erbost darüber sein, dass die Personaldiskussionen in der Partei nicht abebben, und das, obwohl erst auf dem Bundesparteitag im Juni in Göttingen eine neue Spitze zu wählen ist – und das jetzige Vorsitzenden-Doppel aus Gesine Lötzsch und Klaus Ernst womöglich abtreten muss. Ein Personaltableau für die neue Parteiführung werde es erst kurz vor dem Parteitag geben, ist Lafontaine überzeugt. Alles andere wäre unsolidarisch gegenüber den gewählten Vorsitzenden Lötzsch und Ernst und würde sie zu „lahmen Enten“ machen, zitiert die „Sächsische Zeitung“ einen Lafontaine-Vertrauten.

Was Bartsch angeht: Zwar hatte Lafontaine im Dezember bei einem Funktionärstreffen im thüringischen Elgersburg verkündet, er wünsche sich für ihn eine Rolle in einer „kooperativen Führung“. Genossen, die das als Friedensangebot von Lafontaine an Bartsch interpretierten, dürften sich getäuscht sehen. Für Bartsch sei damals nur „die zweite Reihe“ gemeint gewesen, heißt es. Richtig ist nur, dass sich die beiden Politiker, die fast zwei Jahre so gut wie keinen Kontakt hatten, inzwischen ausgesprochen und auch mehrere Varianten zur künftigen Führung diskutiert haben. Aber das heißt nicht, dass Bartsch Vorsitzender werden kann, solange Lafontaine in der Linken etwas zu sagen hat. Und schon gar nicht mit weithin unbekannten und mutmaßlich schwachen Co-Chefinnen wie der NRW-Landesvorsitzenden Katharina Schwabedissen oder der Hamburger Fraktionschefin Dora Heyenn, deren Namen immer wieder mal ins Spiel gebracht werden.

2012 beginnt bei der Linken also mit Machtgerangel – das hat schon Tradition in der Partei. Die Kandidatenlage für die Doppelspitze ist bisher übersichtlich: Außer Bartsch hat nur die bisherige Vorsitzende Lötzsch ihren Hut in den Ring geworfen. Offen aber ist, wer noch will oder geworben wird – und auf welche Weise die neue Spitze bestimmt wird. Mehrere Ost-Landesverbände sowie auch die Kandidaten Lötzsch und Bartsch drängen auf einen Mitgliederentscheid. Ob dieser zulässig ist, dazu gibt es bereits zwei Expertisen: Sie widersprechen sich. Eine weitere des Parteienrechtlers Martin Morlok wird zu einer Sondersitzung des Vorstands am 12. Januar erwartet.

Der thüringische Fraktionschef Bodo Ramelow befürchtet inzwischen, „mit juristischen Winkelzügen“ solle die geplante Mitgliederbefragung verhindert werden, obwohl sie früher schon vom geschäftsführenden Vorstand für zulässig erkannt worden sei. Und schließlich hätten andere Parteien auch schon Mitgliedervoten praktiziert, ohne dass dort Parteien- , Vereins- oder Satzungsrecht entgegengestanden hätten. Lafontaine dagegen zählt zu den Kritikern des Instruments. Aber auch von dem Vorschlag von Fraktionschef Gregor Gysi, die neue Führung bis Mitte Januar in einem „gewissen Kreis“ auszukungeln, hält er nichts. Aus seiner Sicht hat die Sache Zeit.

Dem kleinen Kreis sollte auch Heinz Vietze angehören, graue Eminenz der Linken in Brandenburg und Vorstandschef der Rosa-Luxemburg-Stiftung. „Es gibt kein Hinterzimmer-Komitee“, versichert er. Zugleich aber kündigt Vietze im Gespräch mit dem Tagesspiegel an, für seinen Posten in der Stiftung Ende 2012 nicht mehr zu kandidieren – und bestätigt so indirekt Spekulationen, wonach demnächst ein neuer Job für Lötzsch ausgeschrieben werden könnte. Mit dieser Variante dürfte auch Lafontaine einverstanden sein. Zu Hause klären müssen er und seine Freundin und Genossin Sahra Wagenknecht dann, ob er oder sie im Juni 2012 für den Chefposten antritt. Beides geht nicht: „Eine Lebensgemeinschaft wird die Partei nicht an die Spitze stellen“, versichert ein Funktionär.

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