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Linke Parteien: Werden Linkspartei und WASG eins?

Während die Delegierten der Linkspartei bei ihrem Bundesparteitag in Halle harmonisch den Traum von einer gesamtdeutschen Linken beschworen, flogen in Ludwigshafen beim Wunschpartner WASG zeitweise ordentlich die Fetzen.

Halle/Ludwigshafen - Die Stimmung hätte unterschiedlicher kaum sein können. Milde Schalmeienklänge in der Händel-Halle im Osten, heiße Debatten über widerspenstige Landesverbände bis tief in die Nacht im Südwesten - so die Szenerien bei den getrennten Bundestreffen der im Berliner Reichstag bereits vereinten Parteien.

Das selbsternannte "alte Schlachtross" Oskar Lafontaine bewies im Ringen um die Parteienvereinigung schließlich bewährte Qualitäten und brachte den zaudernden Parteitag der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) auf Kurs. Beiden Parteien, die bis Mitte 2007 Hochzeit feiern wollen, blieb damit eine Verschärfung ihrer Fusionskrise erspart. Der Weg zum Zusammenschluss ist indes weiterhin holprig. Möglicherweise können erst die Sperrung von Geldmitteln und eine gerichtliche Klärung die Fusionsgegner in zwei WASG- Landesverbänden stoppen.

Lafontaine, seit dem Herbst Linksfraktionschef im Bundestag und Mitglied beider Parteien, war sichtlich zufrieden, nachdem die WASG- Delegierten seinen Vorstellungen gefolgt waren. Immer dann, wenn es in Ludwigshafen kritisch zu werden drohte, trat der ehemalige SPD- Vorsitzende am Samstag ans Pult. Am Ende stimmten die Delegierten wunschgemäß für die Fusion mit der Linkspartei und gegen konkurrierende Wahlantritte in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern im September.

Lafontaine polterte in seinen Beiträgen gegen Sozialabbau, Rentenkürzungen, "neoliberale Tendenzen" und Kriegseinsätze der Bundeswehr. Mit seinen Forderungen löste er bei den WASG-Delegierten, von denen viele ihre Wurzeln im Gewerkschaftslager haben, Jubel aus - um dann seine Schlussfolgerung zu präsentieren: "Zu lange steht die Linke mit dem Rücken zur Wand, deswegen muss sie sich sammeln."

Das von WASG-Politikern befürchtete Chaos blieb auf dem Parteitag aus. Ob der in Anträge gegossene Friede aber von Dauer sein wird, scheint fraglich. Viele Delegierte fühlen sich in den Fusionsprozess von ihrer Parteispitze und der Linksfraktion im Bundestag nicht ausreichend einbezogen - sie machten ihrem Unmut lautstark Luft. Immerhin ein Drittel der Delegierten votierte für eine sofortige Neuwahl des Bundesvorstands, drei Vorstandsmitglieder traten zurück.

Auch der besonders widerspenstige Berliner Landesverband scheint weiterhin für Überraschungen gut. Die junge Spitzenkandidatin Lucy Redler - eine erklärte Trotzkistin - war bei Reportern und Fernsehteams genauso gefragt wie Lafontaine. Während der ehemalige SPD-Chef nach den zentralen Entscheidungen vor der Presse Zuversicht verbreitete, waren wenige Meter entfernt ganz andere Botschaften zu hören. Redler verkündete auch nach der Abfuhr durch den Parteitag lächelnd ihre Pläne für die Berliner Wahl: "Ich gehe davon aus, dass wir antreten."

Dem blickten die in Halle versammelten Funktionsträger der Linkspartei mit Grausen entgegen. Denn neben der dann offensichtlichen Zersplitterung der Linken - allen Fusionsplänen zum Trotz - fürchtet die Ex-PDS um die Anerkennung der Bundestagswahl 2005. Dort waren beide Parteien mit gemeinsamen Listen angetreten, was nun bei konkurrierenden Wahlauftritten nachträglich juristisch in Zweifel gezogen werden könnte.

Die Linkspartei warb dementsprechend intensiv um den sperrigen Partner WASG. Parteichef Lothar Bisky wurde nicht müde, die Vorteile für beide Seiten zu betonen. "In diesem Parteineubildungsprozess müssen und wollen auch wir selbst uns verändern." Und geradezu demonstrativ wurden in Halle kritische Anmerkungen zur totalitären Vergangenheit der SED als Linkspartei-Vorgängerin beklatscht. (Von Marc Strehler und Werner Herpell, dpa)

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