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Gregor Gysi

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Linke-Parteitag in Bielefeld: Alles Gysi - oder was?

Am Sonntag will Linksfraktionschef Gregor Gysi in Bielefeld verkünden, ob er weiter Politik in der ersten Reihe machen möchte. Seine Genossen versichern, sie seien auf alle Szenarien vorbereitet.

Von Matthias Meisner

Es könnte als letzter Versuch gelten, Gregor Gysi die Show zu stehlen. „Sex mit Gysi“ heißt das Buch, das diese Woche erschienen ist. Eine ehemalige Mitarbeiterin der Linksfraktion im Bundestag verarbeitet ihre Erlebnisse zu einem Roman. Der Eulenspiegel-Verlag preist die Story um einen kaffeeschlürfenden Gysi, abwegige Sexpraktiken und ein Macht- und Intrigenspiel gigantischen Ausmaßes als „Polit-Krimi“ an.
Als ob der 67-jährige Linken-Politiker den nicht selbst inszenieren würde. Denn auf dem Linken-Bundesparteitag an diesem Wochenende in Bielefeld geht es eigentlich nur um eine wichtige Frage: Geht Gysi - oder bleibt er? In seiner Rede am Sonntagmittag will der Politiker, der mit einer dreijährigen Unterbrechung an der Spitze der Fraktion stand, kundtun, ob er im Herbst erneut als Fraktionschef antritt. Und damit auch die Weichen stellt für seine nächste Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl 2017. Oder nicht.
Gysi liebt es, seine Genossen zappeln zu lassen. Eine aufrüttelnde Rede will er halten, so viel ist gewiss, der Linken mehr Realitätssinn abfordern. Doch muss sich demnächst die Fraktion neue Chefs suchen – gar die quotierte Doppelspitze installieren, die ein Bundesparteitag vor einem Jahr gefordert hatte und die in der Fraktion zur unverbindlichen Empfehlung umgedeutet worden war? „Ein Labsal“ sei das allgemeine Rätselraten für Gysi, erklärt ein enger Vertrauter des Fraktionschefs. Interview für Interview liefert Gysi neue Sätze zu seiner möglichen politischen Zukunft, die sich in beide Richtungen interpretieren lassen. Dem Tagesspiegel sagte er, in der Fraktion werde er gegenwärtig „so anständig“ behandelt, „wie ich das bisher noch nicht erlebt habe“. Aber auch: „Wenn sich alle fragen, wann geht der endlich, man selbst es aber nicht mitbekommt, dann ist es definitiv zu spät.“
Ob er Linken-Chefin Katja Kipping eingeweiht hat, die gemeinsam mit ihrem Ko-Chef Bernd Riexinger das Vorschlagsrecht für den Posten hat? Als „supertollen Politiker“ und „Glücksfall für die Partei“ lobte sie Gysi am Sonntag im ZDF. Am Mittwoch schiebt sie im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP nach, dass für den Fall einer notwendigen Nachfolgeregelung bereits ein „Zeitplan“ erarbeitet worden sei: „Wir sind auf die verschiedenen Szenarien eingestellt.“
Ob auch Fraktionsvize Sahra Wagenknecht auf alle Szenarien eingestellt ist? Die nächste gute Frage. Im März hatte sie auf eine Kandidatur für den Fraktionsvorsitz verzichtet, wissend um die damals als sicher geltenden Gysi-Ambitionen. Aus ihrem Umfeld wird nun verbreitet, dass die 45-Jährige „aus allen Lagern“ bedrängt werde, ihre Absage zu überdenken. Sie selbst beantwortet Fragen dazu nicht – weil es, sagt ihr Sprecher, „nichts zu sagen gibt“.

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