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Sie sollen Gregor Gysi beerben: Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht.

© dpa

Linke wählen Gysi-Nachfolger: Zwei für Einen

Die Linken-Fraktion wählt am Dienstag die Nachfolger von Fraktionschef Gregor Gysi. Doch ob die Doppelspitze Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht funktioniert, ist ungewiss.

Nein, die beiden müssen nicht heiraten. Und auch an eine Namenszusammenlegung – „Bartknecht“ oder „Wagenknartsch“, wie Spötter das künftige Tandem an der Linken-Fraktionsspitze bereits getauft haben – ist nicht gedacht. Allerdings sollen die Partei-Antagonisten Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht in ihrer neuen Funktion auch deutlich mehr zu Wege bringen, als sich persönlich und politisch bloß einigermaßen zu vertragen. Ihre Herausforderung wird es sein, dabei ihre Anhänger mitzunehmen und längerfristig auch einen Ausgleich zwischen den heftig rivalisierenden Flügeln hinzubekommen.

Überraschungen sind kaum zu erwarten

An diesem Dienstag wählt die Linksfraktion im Bundestag den 57-Jährigen aus dem Reformerlager und die 46-Jährige einstige Wortführerin der Kommunistischen Plattform zu den Nachfolgern ihres langjährigen Vormannes Gregor Gysi. Überraschungen sind dabei kaum zu erwarten. Die beiden Flügel hatten genügend Zeit, sich auf die Doppelspitze einzustellen. Und damit es nicht doch noch unschöne Raufereien gibt, wird der restliche Fraktionsvorstand nicht zeitgleich gewählt, sondern erst dann, wenn das neue Führungsduo bereits im Sattel sitzt.

Dass Gysi nicht nochmal kandidieren würde, steht seit dem Linken-Parteitag Anfang Juni fest. Und weil nach dem Übervater nun wirklich niemand mehr in Sicht war, der den Laden in Personalunion zusammenhalten könnte, gab es zu der Doppelspitze in der Fraktion keine Alternative.

Wagenknecht ließ sich bitten

Anders als der ehrgeizige Bartsch, der auch schon Parteichef werden wollte, hatte sich Wagenknecht zwar noch eine Zeitlang geziert und vor einem halben Jahr sogar zornig ihren Verzicht auf die Spitzenposition verkündet.

Der Grund dafür war, dass eine Mehrheit der Fraktion mit Blick auf die Syriza- Regierung in Athen einer Fortsetzung der Griechenland-Hilfen zugestimmt hatte. Doch tempi passati. Womöglich war ihr und ihrem Flügel das Risiko, dass sich die Fraktion ohne sie in eine ungewollte Richtung bewegen könnte, doch zu groß.

Gegen die Fundis

Gleichzeitig wusste auch das Reformerlager, dass für ihren Favoriten Bartsch ein Fraktionsvorsitz ohne Wagenknecht nicht denkbar wäre – und umwarb die Spröde entsprechend. Zu eindeutig hatte sich der einstige Bundesgeschäftsführer gegen die Fundis seiner Partei positioniert – und wie zum Beweis dafür ließen diese just vor der Wahl ja auch nochmal einen Vorgang von 2012 aufploppen, als Bartsch alle neu gewählten Mitglieder des Parteivorstands im Stasi-Stil systematisch nach ihrer „Zuverlässigkeit“ kategorisieren ließ.

Eher als Bartsch ist Wagenknecht auch in einer weiteren Rolle vorstellbar, wo Gysi der Linken fehlen wird: als glänzend-illustre Figur in der öffentlichen Wahrnehmung. Über die Arbeitsteilung werden die beiden nach der Wahl noch zu feilschen haben. Es ist aber zu vermuten, dass Bartsch qua Eignung eher den geschäftsmäßig-internen Part und Wagenknecht mehr die Außendarstellung übernimmt.

Wer darf im Bundestag auf die Kanzlerin antworten?

Doch wer antwortet bei den großen Bundestagsdebatten unmittelbar auf die Kanzlerin? Wer repräsentiert dort mit welchen Positionen die stärkste Oppositionsfraktion? Gewinnen Realos oder Fundis die Oberhand? Oder wird die Politik der Linken ein waberiges, von Zufälligkeiten geprägtes Sowohl-Als-Auch?

Mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 steht die Frage, wie stark man sich der SPD annähern soll, kann und darf, für die Linke ganz oben auf der Agenda. Bisher scheint es, dass sich die künftigen Fraktionschefs diesbezüglich nicht sehr einig sind.

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