zum Hauptinhalt
Nichts gewonnen. Klaus Ernst, Oskar Lafontaine und Gregor Gysi (von links) als Wahlkämpfer in Mainz. Nach der Niederlage hält sich der Ex-Vorsitzende als Reserve bereit.

© dapd

Linken-Führung: Porsche-Kommunismus zieht nicht

Die Linke verliert die Geduld mit ihren Parteivorsitzenden. Aber noch will sie Klaus Ernst und Gesine Lötzsch nicht stürzen. Unterdessen heißt es, der frühere Linke-Chef Oskar Lafontaine könne sich eine Rückkehr in die Bundespolitik vorstellen.

Von Matthias Meisner

Berlin - Gregor Gysi musste zurückrudern. Gleich nach dem Wahldebakel seiner Partei in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hatte der Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion die Frage nach einer Rückkehr des gesundeten Ex-Chefs Oskar Lafontaine auf die Bundesbühne klar verneint. „Nein, so ein Hin und Her wird es nicht geben“, sagte er der „Saarbrücker Zeitung“. Um nur kurz darauf die Comeback-Spekulationen in einem weiteren Interview anzuheizen: „Oskar Lafontaine engagiert sich bundespolitisch, aber gegen eine Verstärkung seines Einsatzes hätte niemand bei den Linken etwas einzuwenden, am wenigsten ich.“ Am Mittwoch hieß es nun, Lafontaine könne sich eine Rückkehr in die Bundespolitik vorstellen. „Er schließt es für Notsituationen nicht aus“, sagte Gysi in Berlin. Im Augenblick habe Lafontaine aber nicht die Absicht, ein bundespolitisches Spitzenamt zu übernehmen. Was eine Notsituation ist, wollte Gysi nicht sagen.

So ganz sollte die Tür nicht zu bleiben – noch weiß keiner, ob es weiter abwärts geht mit den Linken, die in beiden Ländern klar an der Fünfprozenthürde gescheitert waren. Aber schon jubeln Spitzengenossen im Westen der Republik, dass Lafontaine über eine neue Kandidatur mindestens nachdenke – und einige malen sich bereits eine neue Doppelspitze mit ihm und der Kommunistin Sahra Wagenknecht aus.

Sie müssen Geduld haben, denn vorerst soll der Sturz der glücklosen Vorsitzenden Klaus Ernst und Gesine Lötzsch ausbleiben – der eine ist in die Kritik geraten wegen seines Lebensstils, die andere wegen der Kommunismusdebatte. „Alles andere als hilfreich“ sei Personalstreit, sagte der Vorsitzende selbst. Die Kommunistische Plattform bilanzierte, Ernst habe zwar „mehr Feingefühl“ gegenüber den ärmeren Genossen zeigen müssen. Die Angriffe gegen ihn aber hätten ein Motiv: „Er soll diskreditiert werden, weil er als Gewährsmann von Oskar Lafontaine gilt.“

Doch auch wenn Lötzsch und Ernst bis zum Ende ihrer Amtszeit im Frühjahr 2012 bleiben: Viel Geduld hat die Partei nicht mehr mit ihren Chefs. „Die spannende Frage ist, ob sie jetzt Konsequenzen aus der schweren Klatsche ziehen oder ob sie das nur als kleinen Unfall betrachten“, sagte NRW-Parteichef Hubertus Zdebel dem Tagesspiegel. Die Niederlage lasse sich nicht nur mit der Atomkatastrophe in Fukushima erklären, wie die Spitze es getan habe. Auch Parlamentsgeschäftsführerin Dagmar Enkelmann wehrte sich gegen beschwichtigende Äußerungen. Vor einer Fraktionssitzung am Dienstag, die Konsequenzen aus den Wahlniederlagen erörtern wollte, warnte sie vor einem „Augen zu“. Die Frage sei, wie stabil der Markenkern „Soziale Gerechtigkeit“ noch sei. „Hartz IV muss weg, das reicht einfach nicht“, sagte sie. Glaubwürdige Alternativen müssten entwickelt, der Platz der Linken im politischen System neu erobert werden. Personalstreit, versichert Enkelmann so wie viele andere, wolle sie momentan auf gar keinen Fall.

Es scheint, als könnten mögliche Herausforderer von Ernst und Lötzsch noch warten. Das gilt auch für Bodo Ramelow aus Thüringen. Zwar hat er sich erst kürzlich als ständiger Beauftragter der Fraktionsvorsitzendenkonferenz in den Parteivorstand entsenden lassen, will sich also stärker einmischen. Im Deutschlandradio aber nahm er die Probleme am Dienstag locker: „Ich finde, wir sind eine fröhliche Partei. Wir sitzen im Porsche und fahren zum Kommunismus, und in der Zwischenzeit müssen wir mal eine paar Hausaufgaben in dieser Gesellschaft lösen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false