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Gregor Gysi

© dpa

Linken-Konvent vor der Bundestagswahl: Rot-rot-grüne Spiele

Wir sind bereit zu regieren, nur leider wollen SPD und Grüne nicht mit uns - die Linkspartei versucht weiter, mit dieser Botschaft einen lahmen Wahlkampf zu beleben.

Von Matthias Meisner

Knapp 15 Monate ist es her, da war die Auferstehungskirche an der Friedenstraße in Berlin-Friedrichshain schon einmal der Ort für eine Inszenierung der Linkspartei. In dem Gotteshaus mit angeschlossenem Veranstaltungszentrum trafen damals, zwei Wochen nach dem Krach auf dem Linken-Bundesparteitag, Gregor Gysi und Oskar Lafontaine zusammen. Sich von Lafontaine gereizt fühlend, hatte Gysi zuvor „Hass“ unter Genossen angeprangert. In der Auferstehungskirche versicherte Lafontaine nach versöhnlichen Worten von Gysi, er sei „in der glücklichen Situation, jeden Satz von ihm unterstreichen zu können“. Doch bis heute haben Lafontaine und Gysi ihren Konflikt nicht wirklich beigelegt.

Am Montagnachmittag zeigten führende Genossen, dass sie sich besser zusammenreißen können. Konvent nennt sich die Veranstaltung. Zum Auftakt der heißen Phase des Wahlkampfes sind Funktionäre aus dem ganzen Land geladen, dazu ein paar Dutzend einfache Mitglieder. Es ist der bisher und mit großer Sicherheit auch bis zum Wahltag einzige Wahlkampftermin, an dem alle acht Spitzenkandidaten der Partei in einem Saal sitzen. Eine knappe Minute lang stehen sie sogar gemeinsam auf der Bühne, um ein Transparent mit der Warnung vor einem Militärschlag in Syrien zu entrollen: „Bomben schaffen keinen Frieden.“

Die zentrale Botschaft des Konvents aber bleibt die, mit der Gysi und Genossen seit Wochen versuchen, den Wahlkampf zu beleben: Wir sind bereit zu regieren, bloß wollen leider SPD und Grüne nicht. Schon am Wochenende war dazu ein Sechs-Seiten-Papier öffentlich geworden. Zehn „konkrete Kernziele“ für einen „sozialen, gerechten und machbaren“ Politikwechsel hatten der Fraktionschef sowie die beiden Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger zusammenschreiben lassen – vom gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von zehn Euro bis zu einem Sozialpakt für Europa.

Gregor Gysi sieht wachsende Akzeptanz

Gysi ist in der Auferstehungskirche zum Schluss dran. Seine Rede ist für ein Zeitfenster geplant, an dem Phoenix live übertragen soll, aber der TV-Sender kippte die Linke dann doch aus dem Programm. „Keine richtige Spannung“ habe der Wahlkampf zunächst gehabt, sagt Gysi. Wäre dann nicht er selbst gekommen – mit der Konstellationsfrage. 17 Prozent der Wähler wünschten sich nach dem 22. September eine rot-grüne Regierung, jedoch „15 Prozent wollen Rot-Rot-Grün“. Egal wie unwahrscheinlich ein Linksbündnis wirklich ist: Gysi sieht einen Beleg für eine Akzeptanz seiner Partei, wie sie noch vor Jahren undenkbar gewesen wäre. „Die SPD traut sich doch nicht mal, Opposition zu sein.“ Nach der Wahl aber, da ist sich der Spitzen-Linke sicher, werde es bei den Sozialdemokraten „rappeln im Karton“.

Sollten Genossen Ängste haben, Gysi könnte für eine Regierungsbeteiligung Kernforderungen der Partei aufs Spiel setzen – an diesem Nachmittag gibt sich der Fraktionschef alle Mühe, sie zu nehmen. Erst kürzlich hatte er zwar etwa die Forderung nach einem Austritt Deutschlands aus der Nato als in einer Regierung wohl nicht durchsetzbar erklärt. Nun versichert er, Kompromisse könne es zwar geben, aber nur bezogen auf die Länge der Schritte, nicht bei der Richtung.

Der Westen bleibt schwieriges Terrain

Die anderen Konvent-Redner haben zuvor keine Unterschiede in der Diskussion um Regierungsbeteiligungen erkennen lassen. Etwa Sahra Wagenknecht spricht davon, dass die Linke mit Sicherheit vor der Wahl nicht „irgendwelche Zugeständnisse und Rückzüge“ mache. Dietmar Bartsch, Vize-Fraktionschef und ebenfalls mit Ambitionen auf eine wichtigere Rolle ausgestattet, moderiert den Nachmittag – und das so, dass jeder kapiert, wo seine Sympathien liegen. Gysi ist laut Bartsch der Mann, der mit seinem Enthusiasmus hoffentlich sehr viele anstecke. Wagenknecht wird demnach diejenige, die Zusammenhänge zur Euro-Krise gut darstellt, Riexinger der gestandene Gewerkschafter und Kipping die Frau mit Interesse an den alltäglichen Geschichten.

Dazwischen kommen Wahlkämpfer aus Bayern und Hessen auf die Bühne, nach wie vor ist der Westen schwieriges Terrain für die Linkspartei. Die bayerische Linken-Kandidatin sagt, im Freistaat würde sich ihre Partei in den Umfragen so halten, „dass sie uns immerhin erwähnen müssen“. Aus Hessen, wo zeitgleich mit der Bundestagswahl abgestimmt wird, berichtet ein Kandidat, dass dort zum ersten Mal die linksradikale Szene zur Wahl der Linken aufrufe, viele dort seien über ihren Schatten gesprungen.

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