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Linker Parteikonflikt: EU? Jein danke

Die Linken-Spitze will den Streit zur Europapolitik mit einem Formelkompromiss beilegen. Die Partei will sich nicht europafeindlich präsentieren.

Von Matthias Meisner

Knapp fünf Monate vor der Europawahl will die Spitze der Linkspartei ein Ende der innerparteilichen Konflikte in der Europapolitik durchsetzen. Die beiden Vorsitzenden Oskar Lafontaine und Lothar Bisky übersandten den Mitgliedern des Parteivorstandes am Mittwoch einen neuen Entwurf für ein Europawahlprogramm. Die Vorlage trägt die Überschrift „Solidarität, Demokratie, Frieden – gemeinsam für den Wechsel in Europa“. Mit ihr versucht die Führung, den Streit zwischen Reformern und Fundamentalisten beizulegen.

Das 19-seitige Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, enthält scharfe Kritik an der Politik der Europäischen Union. Dennoch will sich die Linke nicht als europafeindlich präsentieren. „Die Ablehnung richtet sich nicht gegen Europa und das europäische Zusammenwachsen, gegen Reisefreiheiten, Grenzabbau, wirtschaftliche Zusammenarbeit und gesellschaftliches Zusammenwachsen“, heißt es. Allerdings sei es nicht antieuropäisch, ein Europa abzulehnen, „welches von den Spielregeln von Wirtschaft und Kapital dominiert wird“. Wirtschaftskrise und weltweite militärische Interventionen seien zwei Seiten neoliberaler Politik, der Vertrag von Lissabon solle diese „fatale Politik“ festigen. „Europa muss seinen Einfluss für eine neue globale Finanz- und Wirtschaftsordnung und gegen das Spekulations-Casino nutzen“, fordert die Linkspartei. Den Regierungen der EU-Staaten hält sie vor, die Begeisterung für Europa auf lange Zeit verspielt zu haben. Ausdrücklich bekennt sich die Linke zu den „großen Chancen der europäischen Integration“, nennt aber den Kurswechsel zu einer demokratischen, sozialen und ökologischen EU „überfällig“. Die Vorlage soll nach der Beratung im Parteivorstand am kommenden Montag offiziell veröffentlicht werden.

Proeuropäisch - aber eine andere Politik der EU

Ende September waren Lafontaine und Bisky mit dem ersten Entwurf für ein Europawahlprogramm im Vorstand abgeblitzt. Er war klar proeuropäisch formuliert – unter anderem mit dem Argument, dass die EU als einer der produktivsten Wirtschaftsräume der Welt ein politisches Gestaltungspotenzial habe, wie es die meisten Nationalstaaten nicht besitzen würden. Der linke Parteiflügel – Wortführer waren Sahra Wagenknecht von der Kommunistischen Plattform und der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Wolfgang Gehrcke – hielt diese erste Vorlage aber für zu europafreundlich und setzte damals durch, dass eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der verschiedenen Parteiflügel eine neue schreiben soll, die nun zur Debatte steht.

Bisky, der Spitzenkandidat für die Wahl am 7. Juni werden soll, hatte am Wochenende am Rande der Listenaufstellung klargemacht, dass er die innerparteiliche Diskussion für ärgerlich hält. „Ich verstehe den Sinn dieser Debatten ehrlich gesagt nicht. Proeuropäisch sind wir. Wir wollen aber eine andere Politik der EU“, sagte er.

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