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Politik: Links im Abseits

Chef der Wahlalternative droht mit Parteiaustritt

Von Matthias Meisner

Berlin - Eigentlich könnte sich die gerade erst gegründete Linkspartei Arbeit und soziale Gerechtigkeit (ASG) noch einmal freuen. Eben hat ihr eine neue Umfrage bestätigt, dass drei Prozent der Deutschen fest entschlossen sind, bei der Bundestagswahl 2006 für die Wahlalternative zu stimmen. Und für sogar 19 Prozent liege das im Bereich des Möglichen, ermittelte Infratest dimap im Auftrag der Zeitschrift „Politik & Kommunikation“.

Doch die Erhebung der Meinungsforscher gaukelt den Wahlalternative-Aktivisten etwas vor. Sie gibt lediglich der SPD einen Hinweis, dass die neue Partei ihr bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl in drei Monaten ein paar entscheidende Prozentpunkte abjagen könnte. Dass aus dem im vergangenen Jahr mit großem Wirbel gestarteten Verein langfristig aber noch etwas wird, ist dagegen nicht mehr zu erwarten – selbst wenn am Wochenende ein Programmkonvent in Göttingen endlich brav aufschreiben will, wo es inhaltlich langgehen soll.

Der Schweinfurter IG-Metall-Chef Klaus Ernst, einer der Vorsitzenden, hat jetzt einen Brandbrief an den Vorstand geschrieben, in dem er die ernste Lage der Partei unverhohlen beschreibt: Er sei sich nicht sicher, ob „allen Beteiligten klar ist, wie gefährdet das Projekt ASG zurzeit ist“, betont Ernst – und spricht vom letzten Versuch, „ein Scheitern zu verhindern“. Scharf prangert der Gewerkschafter, der wegen seines Engagements für die Wahlalternative aus der SPD ausgeschlossen wurde, an, dass „durch die Einbeziehung des äußerst linken Spektrums“ der Zugang zu neuen Mitgliedern und Wählerschichten verbaut werde. In Nordrhein-Westfalen, wo die Linkspartei zum ersten Mal antreten will, träten Aktivisten der „Sozialistischen Alternative“ für die Linkspartei als Landtagskandidaten an. „Unerträglich“ nennt Ernst das und resümiert: „Die ASG entwickelt sich in eine Richtung, die ich nicht, aber auch viele andere nicht wollten.“ Offen droht der Parteichef dann seinen Austritt an: Er wolle sich „nicht verschleißen“ in einer „Bewegung von politisch Chancenlosen“. Viele andere, glaubt er, würden sich bald ihm anschließen.

Mehrere Vorstandsmitglieder weisen die Kritik von Ernst im Internet als „nicht zielführend“ zurück. Sie geben aber zu, dass viele engagierte Gewerkschafter und andere linksorientierte Menschen dem Projekt „mit (zu viel) Distanz gegenüberstehen“. Der Nürnberger IG-Metall-Chef Gerd Lobodda, eines der Gründungsmitglieder, teilt dagegen die Kritik des Parteichefs. Ohne Leute wie ihn werde das Projekt „marginalisiert“.

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