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Politik: Links im Abseits

Warum sich der frühere SPD-Chef Lafontaine immer noch nicht zum Parteiaustritt durchringen kann

Berlin/Saarbrücken - Oskar Lafontaine heizt die Gerüchte um seine politische Zukunft an. Sein Heimatblatt „Saarbrücker Zeitung“ titelte am Dienstag, er wolle aus der SPD austreten. Bereitwillig bestätigte der frühere Parteichef dem Blatt, er werde der SPD den Rücken kehren, wenn sich an der Politik von Bundeskanzler Gerhard Schröder nichts ändere. „Das ist entschieden, daran gibt es nichts mehr zu rütteln.“ Entscheiden wolle sich Lafontaine aber erst nach der NRW-Landtagswahl im Mai. Nach Darstellung des Blattes wird damit gerechnet, dass sich Lafontaine der neuen Linkspartei Arbeit und soziale Gerechtigkeit anschließt.

Die Andeutungen Lafontaines sind nicht ganz neu, doch wiederum empören sich seine Parteifreunde. SPD-Fraktionsvize Michael Müller, Wortführer der Parteilinken, warnte Lafontaine: „Ich kann nur Rosa Luxemburg zitieren: Die Spaltung einer Linkspartei ist immer ein Fehler.“ SPD-Vorstandsmitglied Niels Annen sagte: „Der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung klar gesagt, dass Deutschland vor einer Richtungsentscheidung steht zwischen entfesseltem Kapitalismus und sozialer Marktwirtschaft. Wer glaubt, sich in dieser Lage einer Linkspartei anschließen zu müssen, schadet seinen eigenen Anliegen.“

Wenn Lafontaine seine Pläne wahr macht, werden ihm aus der Führungsriege um den SPD-Landeschef Heiko Maas nur wenige eine Träne nachweinen – selbst wenn er unter den saarländischen Genossen noch viele Anhänger besitzt. In der Bundes-SPD hat Lafontaine jeden Kredit verspielt. Parteichef Franz Müntefering sagte vor der Fraktionssitzung, von ihm aus könne Lafontaine auch jetzt schon gehen: „Da muss er nicht bis nach der Wahl warten.“ Auch der Sprecher des rechten Seeheimer Kreises, Klaas Hübner, reagierte gelassen: „Es würde uns nicht umbringen, wenn das einfache Parteimitglied Lafontaine geht.“ Lafontaine mache sich „mit seinen dauernden Austrittsankündigungen unglaubwürdig“. Der Linkspartei Wahlalternative kommen die Andeutungen dagegen gelegen, kommt sie doch bisher nicht so richtig auf die Beine. Wahlalternative-Chef Klaus Ernst sagte dem Tagesspiegel, er habe mit Lafontaine regelmäßig Kontakt. Ausgezeichnet verstehe man sich, wenn es um eine andere Politik gehe. Doch andererseits „tut sich Oskar Lafontaine sehr, sehr schwer“. Schließlich sei er lange Vorsitzender einer Traditionspartei gewesen.

Mancher in Lafontaines Heimat sieht auch publizistische Gründe, warum das Thema hochkocht. Seit wenigen Tagen gibt es auf dem saarländischen Zeitungsmarkt einen heftigen Konkurrenzkampf zwischen zwei großen deutschen Verlagen. Am 31. März kam die „Saarbrücker Zeitung“, die mehrheitlich zum Holtzbrinck-Konzern gehört, mit der Billigzeitung „20 Cent“ auf den Markt. Eine Kampfansage an „Bild“. Am Montag antwortete der Axel-Springer-Verlag mit Regionalausgaben der „Bild“-Zeitung und einem vorläufigen Kampfpreis von zehn Cent.

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