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Politik: Links, linker …

Das Wort vom Linksruck geistert durch die Lande – doch viele Politiker haben damit ein Problem

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Berlin - Nach den Wahlen in Hessen und Niedersachsen geht das Wort vom Linksruck wie ein Gespenst durch die politischen Debatten. Doch Politiker gehen auf Distanz zu dem Begriff. Für SPD-Vizefraktionschef Klaas Hübner hat „eine gewisse Protestwählerschaft einen Denkzettel verpassen wollen. Das ist nicht zwingend ein Linksruck.“ Zur Bundestagswahl 2009 werde die Wählerschaft rationaler gesteuert sein. Gleichwohl seien Zwei-Parteien-Koalitionen schwer zu handhaben, die SPD müsse sich stärker auf Ampelkoalitionen einstellen. Er wundere sich, dass der SPD häufig ein Linksruck zugeschrieben werde. Man dürfe nicht nur an ALG I denken, sondern auch an ihre Position zum Haushalt oder zur Unternehmenssteuerreform. „Im Gegensatz zur Linkspartei sind wir regierungsfähig, die anderen sind die Utopisten.“

André Brie, Vordenker der Linken und EU-Abgeordneter, sieht so lange keinen Linksruck in Deutschland, solange nicht über Inhalte gesprochen worden ist. Bislang werde nur über Koalitionen geredet, das mache aber noch keinen Linksruck aus, sagte Brie. Auf jeden Fall hätten die Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen schneller als erwartet „das Spiel für 2009 eröffnet“. Die Ergebnisse dort „zwingen, diese Debatte inhaltlich zu führen“. Das Problem bei der Beantwortung der Frage, wie links die Linke ist, sei, dass die Partei noch keine eigene Programmatik entwickelt habe. „Dass wir links von der SPD stehen, ist klar“, sagte Brie. Die Frage sei, wie links definiert werde. So gebe es in vielen Landesverbänden „ein sehr heterogenes Spektrum mit viel Ideologie“, was zum Teil dem Verständnis von zeitgemäßer linker Politik widerspreche.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Fritz Kuhn spricht der Linken gar das Prädikat „links“ ab: Lege man die Definition des italienischen Philosophen Norberto Bobbio zugrunde, wonach Linke versuchten soziale Probleme nicht dadurch zu beschwichtigen, dass sie sagen, die Einzelnen seien schuld. Sie suchten nicht eine individualisierte, sondern eine gesellschaftliche Lösung. Sie seien an emanzipativen Lösungen interessiert, die den Notleidenden helfen und sie in die Lage versetzen, sich selbst zu helfen. Demnach gehörten die Grünen zur Linken, nicht aber die Linkspartei, „weil ihr das Emanzipative völlig fehlt. Sie geht ganz im Etatismus auf, was bedeutet, dass der Staat über Geldzahlungen die Probleme lösen soll.“

Kuhn sagte weiter, dass die Linkspartei nur insofern „links“ sei, als sie „anders als SPD und Grüne bewusst auf die Mitte verzichtet und auf Protest setzt“. Aber viele Äußerungen etwa von Lafontaine seien „alles andere als links – seine ausländerfeindlichen Töne, seine prinzipielle Verweigerung von Auslandseinsätzen.“ Statt eines Linksruckes gebe es „in Deutschland wie weltweit die Entwicklung, dass das neoliberale Zeitalter (,Weg mit dem Staat – Der Markt kann alles besser‘) zu Ende ist. Das haben alle gemerkt, außer vielleicht der Dr. Guido Westerwelle.“ Das Thema Gerechtigkeit spiele eine größere Rolle. „Das ist kein Linksruck, sondern gut so.“

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