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Politik: Links sitzt der Widerstand

Ein Teil der SPD-Fraktion will die Föderalismusreform ändern. Wird die FDP zum entscheidenden Faktor?

Berlin - Montag ist „Bundestag“ in der Politik, denn dann versammeln sich in aller Regel die Spitzen der Parteien in der Hauptstadt. An diesem Montag gilt das noch mehr als sonst. Es geht um die Föderalismusreform. Die Fraktionen des Bundestags reden über die in der Vorwoche verteilten Gesetzentwürfe – es geht darum, 25 Grundgesetzartikel zu ändern oder neu zu fassen, um das Bund-Länder-Verhältnis zu reformieren. Auch das Bundeskabinett berät, zudem kommen die Ministerpräsidenten zusammen.

Doch es gibt Widerstand, und das größte Nest sitzt in der SPD-Fraktion – genauer gesagt: bei der Parlamentarischen Linken. Die forderte am Sonntag deutliche Änderungen an dem Reformpaket, das im Koalitionsvertrag verankert ist. In der Bildungspolitik bringe die Reform „absurde Folgen“ wie die, dass Bundesinitiativen wie das Ganztagsschulprogramm ausgeschlossen seien. Freilich entsprach dieses rot-grüne Projekt schon nicht ganz dem Sinn der Verfassung; mit der Reform soll nun verhindert werden, dass der Bund sich in reine Länderangelegenheiten mischt wie zum Beispiel die Schulpolitik.

Doch nicht nur daran stören sich die SPD-Linken: Sie wollen auch Änderungen bei der Hochschulförderung, beim Strafvollzug, beim Umweltrecht und der Beamtenbesoldung. Im Ergebnis würden damit praktisch alle für die Ländermehrheit wesentlichen Punkte kippen. Die Parlamentarische Linke ist nicht ohne Einfluss, sie zählt mindestens 60 Abgeordnete. Da die Reform eine Zweidrittelmehrheit im Parlament braucht (das sind 410 Stimmen, Schwarz-Rot kommt auf 448 Abgeordnete), hängt die eigene Koalitionsmehrheit also von den Linken ab.

Damit könnte die FDP mit ihren 61 Stimmen auch im Bundestag entscheidend werden (im Bundesrat ist sie es über ihre Regierungsbeteiligungen bereits), denn Grüne und Linkspartei können der Föderalismusreform derzeit wenig abgewinnen. Ernst Burgbacher, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion, sieht die Lage vorerst gelassen: „Der Ball liegt jetzt bei den Fraktionen der großen Koalition.“ Die FDP stehe zu ihrer Aussage, das von SPD und Union beschlossene Reformpaket so mitzutragen, wenn parallel der Einstieg in die Bund-Länder-Finanzreform beschlossen werde. „Wenn aber die SPD ankündigt, das Paket wieder aufschnüren zu wollen, dann werden auch wir prüfen, ob Änderungsanträge in der Sache gestellt werden.“ Burgbacher verweist auf Bedenken in seiner Fraktion bei der Umweltpolitik und beim Beamtenrecht.

Aus der Unions-Fraktion ist bislang wenig Unmut zu vernehmen. „Ich rechne mit Fragen in der Fraktion, aber nicht mit Widerstand“, sagt Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach. Zudem verweist er darauf, dass die Länder dem Bund bei der Reform in vielen Punkten weit entgegen- gekommen seien. Das müsse jetzt auch in Erwägung gezogen werden. „Die Länder haben nie nach dem Motto verhandelt: Friss oder stirb“, sagte Bosbach dem Tagesspiegel. Manche Mitglieder der schwarz-roten Koalitionsführung sind sogar der Ansicht, die Reform bedeute eher einen Zentralisierungsschub als eine stärkere Regionalisierung.

Angesichts des wachsenden Widerwillens in der Bundespolitik und vor allem bei der SPD, die Länder auf deren Zuständigkeitsfeldern zu stärken, halten nun Landespolitiker dagegen. Bayerns Landtagspräsident Alois Glück (CSU)nennt die Debatte erschreckend und spürt den „unseligen Glauben an den Zentralismus“. Er empfiehlt, im Zweifelsfall die Reform sein zu lassen. Wenn aus dem Kompromiss „Weiteres herausgebrochen werden sollte, ist es vernünftiger, auf das gesamte Projekt zu verzichten und damit keine falschen Hoffnungen zu erwecken und den politischen Offenbarungseid zu erzwingen“. Auch Bosbach ärgert sich über die im Bundestag durchaus gängige Ansicht, Politik könne nur schlechter werden, wenn sie in die Hände der Landtage falle. „Dort wird nicht per se schlechtere Politik gemacht, das Misstrauen gegen die Landtage ist durch nichts gerechtfertigt“, hält Bosbach dagegen. Für Landtagsabgeordnete gelte das Gleiche wie für Mitglieder des Bundestags: Sie müssten sich gegenüber der Öffentlichkeit für ihre Politik rechtfertigen.

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