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Linkspartei: Delegierte entzweit über Boykottaufruf

Der Antisemitismusstreit geht weiter: Der Aufruf des Kommunalpolitikers Hermann Dierkes zum Boykott isrealischer Waren erregt weiter die Gemüter in der Linkspartei – auch nachdem Dierkes seine Kandidatur als Oberbürgermeister von Duisburg zurückgezogen hat und als dortiger Fraktionsvorsitzender zurückgetreten ist.

Von Matthias Meisner

Essen – Der Aufruf des Kommunalpolitikers Hermann Dierkes zum Boykott isrealischer Waren erregt weiter die Gemüter in der Linkspartei – auch nachdem Dierkes seine Kandidatur als Oberbürgermeister von Duisburg zurückgezogen hat und als dortiger Fraktionsvorsitzender zurückgetreten ist. Auf dem Bundesparteitag der Linken in Essen meldeten sich am Samstag die Anhänger von Dierkes zu Wort: Sie kritisierten, dass ihr Genosse von eigenen Parteifreunden zum Rückzug gezwungen worden sei.

Mehr als 50 Delegierte unterzeichneten einen Initiativantrag, in dem das Vorgehen von „Teilen der Parteiprominenz“ missbilligt wird. Diese hätten sich unkoordiniert ins Parteileben „eingemischt“ und Dierkes „abgeurteilt“. Sogar von „Willkürherrschaft“ der Bundesspitzen war die Rede, die Aussagen von Dierkes wurden verteidigt. Empört waren die Kritiker vor allem über die linke Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau. Sie hatte erklärt, Dierkes habe mit dem Boykottaufruf und seinen nachträglichen Rechtfertigungsversuchen „unerträgliche Assoziationen“ geweckt. In Anspielung auf den Fall sagte der Landeschef in NRW Wolfgang Zimmermann, die Linke müsse sich gegen „Hetzkampagnen und Spaltungsversuche“ zur Wehr setzen. Abgestimmt wurde der Antrag nicht, nachdem Bundesvorstandsmitglied Ulrich Maurer von „Missverständnissen“ gesprochen und zugesichert hatte, künftig werde in vergleichbaren Fällen das Gespräch mit den zuständigen Landesvorsitzenden gesucht.

Vor dem Rückzug von Dierkes hatte es nach Tagesspiegel-Informationen den Versuch gegeben, die Linkspartei-Spitzenpolitiker Oskar Lafontaine, Lothar Bisky und Gregor Gysi zu einer klaren Distanzierung von Dierkes zu bewegen. Partei- und Fraktionschef Lafontaine wollte eine solche gemeinsame Erklärung nicht, nachdem er vom Zentralrat der Juden in Deutschland via „Bild“-Zeitung zur Einmischung in den Streit aufgefordert worden war. Parteisprecherin Alrun Nüßlein war dann vorgeschickt worden, um die Äußerungen von Dierkes als „absurd“ zurückzuweisen. Matthias Meisner

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