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Klaus Ernst

© dpa

Linkspartei: Links draußen im Westen

Jahrelang vor allem mit sich selbst gestritten: Bei der Partei, die Oskar Lafontaine einmal groß gemacht hat, ist ziemlich die Luft raus. Offen bleibt, ob der frühere Vorsitzende sich nun als Retter in der Not andient.

Von Matthias Meisner

Nach dem Scheitern der Linken bei der Wahl in Schleswig-Holstein hat der Vorsitzende Klaus Ernst die innerparteiliche Selbstbeschäftigung als Hauptursache ausgemacht. Seit zwei Jahren vernachlässige seine Partei die Inhalte und sei damit „selbst schuld“ an der Niederlage, sagte Ernst am Montag nach einer Vorstandssitzung in Berlin. „Wir müssen noch lernen, dass man als Mannschaft nicht gewinnen kann, wenn ein Teil aufs eigene Tor schießt“, betonte er. Die Linkspartei war am Sonntag mit 2,2 Prozent der Stimmen klar an der Fünfprozenthürde gescheitert und erstmals in ihrer Geschichte und auch der der Vorgängerpartei PDS aus einem Landesparlament geflogen.

Trotz der krachenden Niederlage – Ernst sprach von einem bitteren Rückschlag – will die Führung vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl am kommenden Sonntag weiterhin keine Diskussionen über die neue Führung, die Anfang Juni gewählt werden soll. Ohnehin würden „nicht irgendwelche Klüngelklubs“ über die Spitze entscheiden, sondern der Parteitag in Göttingen, versicherte Ernst. Derzeit ist Vizefraktionschef Dietmar Bartsch der einzige offizielle Kandidat für den Vorsitz. Er hat vor zwei Jahren als Bundesgeschäftsführer im Streit mit dem damaligen Vorsitzenden Oskar Lafontaine gehen müssen; das Verhältnis der beiden gilt nach wie vor als sehr gespannt.

Noch etwa eine Woche bleibt demnach wohl offen, ob Lafontaine noch einmal als Chef der Linken antreten wird – oder auch nicht. Vizeparteichef Heinz Bierbaum, einer seiner wichtigsten Vertrauten, sagte dem Tagesspiegel, „ganz eindeutig“ hänge von der Entscheidung Lafontaines die Zusammensetzung auch der weiteren Führung ab. Tritt Lafontaine nicht an, gilt es als möglich, dass sich Ernst für eine weitere zweijährige Amtszeit bewirbt. Unklar ist auch, wer künftig die Frau in der Doppelspitze sein wird. Im April war Gesine Lötzsch, die eigentlich wiedergewählt werden wollte, zurückgetreten und hatte das mit der altersbedingten Erkrankung ihres Mannes begründet. Für das Amt der Kochefin gehandelt werden unter anderem Parlamentsgeschäftsführerin Dagmar Enkelmann, Parteivize Katja Kipping und die hessische Fraktionschefin Janine Wissler. Alle bestreiten klare Ambitionen, schließen aber eine Bewerbung auch nicht völlig aus. Wissler etwa sagte dem Tagesspiegel, sie sei in Hessen „ganz gut ausgelastet“ und „strebe nicht nach neuen Ämtern“.

Mehr Klarheit erwarten die Genossen für spätestens Dienstag nach der NRW- Wahl. Dann treffen sich die Landesvorsitzenden in Berlin mit dem geschäftsführenden Parteivorstand. Unmittelbar danach sollen die Kandidaten Gelegenheit haben, sich bei einer Serie von Regionalkonferenzen vorzustellen. An der Basis gibt es allerdings deutlichen Unmut darüber, dass bis zum Göttinger Parteitag nur zweieinhalb Wochen Zeit zur Diskussion bleiben. Anfang des Jahres war der Versuch mehrerer Landesverbände gescheitert, die neue Spitze per Mitgliederentscheid zu bestimmen. Die Führung hatte das damals abgelehnt und sich auf eine Bewertung des laut Ernst „bekanntesten und bedeutendsten Parteienrechtlers“ Martin Morlok berufen. Am Sonntag aber beschloss die Bundesschiedskommission, dass der Mitgliederentscheid zur Spitze sehr wohl hätte stattfinden müssen. Dass er nicht zustande kam, lag auch am Einspruch Lafontaines. Im Reformerflügel ist mit Blick auf den Personalstreit die Rede von einem „Gerangel zwischen Personen, die nicht miteinander können“. Auch gegenüber dem Erstarken der Piraten wirke die Linke „weitgehend hilflos“.

Groß ist in der Partei die Sorge, dass die Wahl zum Kieler Landtag eine Niederlagenserie einleitet. Die Aussichten der Linken für NRW sind kaum besser als in Schleswig-Holstein: In den letzten Umfragen wurden ihr zwischen drei und vier Prozent vorhergesagt. Doch auch ein Scheitern bei dieser Wahl wäre aus Sicht des Vorsitzenden Ernst „alles andere als das Ende der Linken“. Schließlich seien die Grünen seit 1990 sieben Mal aus Landesparlamenten geflogen, die FDP sogar 19 Mal. Erst kürzlich bekannt wurde, dass in NRW und im Saarland Dutzende Kommunalfraktionen der Linken zerbrochen sind. Die Hessin Wissler gibt zu, dass der Parteiaufbau West „kein Selbstläufer“ sei. Und der thüringische Landesvorsitzende Knut Korschewsky versuchte seine Genossen mit der Nachricht zu trösten, dass in Eisenach eine Linke zur Oberbürgermeisterin gewählt wurde. Doch sei, so sein Fazit, der Gebrauchswert der Partei im Osten eben auch viel größer als im Westen.

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