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Oskar Lafontaine am Sonntag beim Politischen Jahresauftakt der Linkspartei in der Berliner Volksbühne

© dpa

Linkspartei: Nationalhymne? Internationale!

Matthias Meisner lauscht dem politischen Neujahrskonzert der Linken, bei dem auch Sängerin Katja Ebstein ein paar Lieder zum besten geben darf.

Von Matthias Meisner

Die Linkspartei wird wieder ernster genommen. Der Vorsitzende Bernd Riexinger macht das beim Politischen Jahresauftakt in der Berliner Volksbühne gleich zu Beginn klar, als er die internationalen Gäste begrüßt.

Vertreter befreundeter Parteien aus Weißrussland, Moldawien und Spanien sind gekommen, der französische KP-Chef Pierre Laurent und der Botschafter Venezuelas. Besonders herzlich heißt Riexinger den Chef der diplomatischen Vertretung Kubas willkommen: Er habe, erläutert der Linken-Chef, „erst über Weihnachten euer schönes Land besucht“.

Zwei, die auf den Plakaten standen, haben abgesagt: ganz kurzfristig der Enthüllungsautor Günter Wallraff wegen eines Bandscheibenvorfalls, bereits vor ein paar Tagen der griechische Oppositionsführer Alexis Tsipras von der Syriza-Partei, Spitzenkandidat der Linken zur Europawahl im Mai. Das Fernbleiben von Tspiras ist zweckmäßig vor allem für Riexingers Vorvorgänger Oskar Lafontaine, dem so keiner mehr die Rolle des Hauptredners streitig macht.

Für Unterhaltung sorgte Katja Ebstein

Lafontaine hatte sie, obwohl auch da nicht mehr im Amt, bereits im vergangenen Jahr. Wer annimmt, der Ex-Vorsitzende habe nach dem Zerwürfnis mit Gregor Gysi vor eineinhalb Jahren mit seiner Partei nicht mehr viel am Hut, wird vom Saarländer selbst regelmäßig eines Besseren belehrt. Lafontaine will nicht mehr auf die Bundesbühne zurück, die Rolle des Übervaters aber behaupten.

Bevor er ans Pult darf, spult Diether Dehm sein Programm ab. Er ist Regisseur und Moderator der Veranstaltung – für viele das Enfant terrible der Linkspartei, jedoch seit Jahren der unvermeidliche Wortführer. Verpflichtet hat er diesmal Katja Ebstein für ein paar Lieder, Volker Braun für ein paar Gedichte. Gysi ist ebenso wenig für eine Rede gesetzt wie sein Stellvertreter Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht – alle drei dürfen nur für Talkrunden auf die Bühne. Gysi ist dabei witzig und schlagfertig wie immer. Bartsch wird von dem niedersächsischen Bundestagsabgeordneten als „Freund“ vorgestellt, was glatt gelogen ist. Und Wagenknecht sagt, was sie stets sagt: Die SPD habe kein Rückgrat.

Die Linke ist nicht der Feind Europas

Dehms Vorstellung von Politik – mit zugespitzten Forderungen ein „Angst-Wut-Gemisch“ in der Bevölkerung in Stimmen für die Linke zu verwandeln – erfüllt nur einer: Lafontaine. „Welch ein Schwachsinn“, schimpft der Ex-Parteichef über den angeblichen Versuch, der Linken das Etikett „europafeindlich“ aufzukleben. „Feind der Völker Europas“ seien jene, die den Kontinent in die Verarmung treiben, ruft er. Und: Als für andere die Nationalhymne selbstverständlich dazugehörte, „haben wir schon längst die Internationale gesungen“.

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