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© dpa

Lissabon-Vertrag: Klaus setzt auf Zusage der Europäer

In einem Zeitungsinterview hat der tschechische Präsident Vaclav Klaus erstmals angedeutet, dass er den Lissabon-Vertrag doch noch unterschreiben könnte. Obwohl er darin keine konkreten Zusagen macht, schöpfen die tschechischen Europa-Befürworter aus seinen Äußerungen Hoffnung.

Prag - Indes kündigte der slowakische Premierminister Robert Fico an, dass auch er möglicherweise noch neue Forderungen an die EU stellen werde, obwohl sein Land den Vertrag bereits ratifiziert hat.

Streitpunkt ist die Grundrechte- Charta, die unmittelbar mit dem Lissabon-Vertrag verbunden ist. Präsident Klaus fürchtet, dass diese Charta den Weg für Restitutionsklagen von Sudetendeutschen öffnen könnte. Er bezieht sich auf die umstrittenen Benes-Dekrete, auf deren Grundlage die deutsche Minderheit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben worden ist. Zwar sind sich tschechische Juristen darin einig, dass der Lissabon-Vertrag die Gültigkeit der Benes-Dekrete nicht rückwirkend beeinträchtigen könne, aber Klaus beharrt dennoch auf einer expliziten Garantie.

Am Sonntag nun sagte der Linkspopulist Fico, dass er sich diesen Forderungen für sein Land möglicherweise anschließen werde. Das hänge davon ab, welche Zugeständnisse die Tschechen bei den Verhandlungen erzielten. Wenn Tschechien eine Ausnahme aus der Grundrechtecharta erwirke, schmälere das die Rechtssicherheit der Slowakei, wenn sie keine solche Ausnahme bekomme, sagte Fico. Unklar ist, inwieweit die Slowakei nach der bereits erfolgten Ratifizierung noch auf den Vertrag von Lissabon Einfluss nehmen kann.

Anders liegt der Fall allerdings bei Tschechien. Dort muss Präsident Klaus den Vertrag noch unterschreiben, bevor er in Kraft treten kann. Das wird er jetzt wohl tun.„Der Zug ist schon so schnell und so weit gefahren, dass er wohl nicht mehr aufzuhalten ist“, sagte Klaus der Wochenend-Ausgabe der tschechischen Zeitung „Lidové Noviny“. Erstmals sagte er in dem Interview, für die von ihm angestrebte Ausnahme reiche ihm ein politisches Versprechen der europäischen Staats- und Regierungschefs. Bislang war spekuliert worden, Klaus fordere eine entsprechende schriftliche Ergänzung des Lissabon-Vertrags – das hätte vermutlich bedeutet, dass der Ratifizierungsprozess in allen Mitgliedsländern der EU noch einmal von vorne hätte beginnen müssen.

Welche konkreten Schritte der Staatspräsident als Nächstes unternehmen wird, hat Klaus allerdings noch nicht angekündigt. Beobachter gehen davon aus, dass er vor seiner Unterschrift das abschließende Urteil des tschechischen Verfassungsgerichtes abwarten wird. Das Verdikt der höchsten tschechischen Richter wird für Ende Oktober erwartet. Prager Kommentatoren werten die Äußerungen des Präsidenten als Teil eines Rückzugsgefechts, damit er den Vertrag von Lissabon am Ende ohne Gesichtsverlust doch noch ratifizieren könne.

Kilian Kirchgeßner

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