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© AFP

Liu Xiaobo: Peking bestätigt Urteil gegen Menschenrechtler

Liu Xiaobo muss elf Jahre ins Gefängnis. Die chinesischen Behörden setzen ihren harten Kurs gegen Menschenrechtsaktivisten im eigenen Land fort, negative Wirkungen im Ausland fürchten sie nicht.

Viel Hoffnung auf eine mildere Strafe gab es für Liu Xiaobo nicht. Auch seine Frau Liu Xia hatte es geahnt. „Sie werden das Urteil unverändert lassen“, sagte sie kürzlich. Und sollte recht behalten. „Liu Xiaobos Revisionsantrag wurde nach einer kurzen Anhörung abgelehnt“, erklärte sein Anwalt Shang Baojun am Donnerstag in Peking. Liu war am 25. Dezember 2009 zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Als Begründung wurde dem Mitverfasser der Charta 08 „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“ vorgeworfen.

Die chinesischen Behörden setzen ihren harten Kurs gegen Menschenrechtsaktivisten im eigenen Land fort, negative Wirkungen im Ausland fürchten sie nicht. Die EU forderte die bedingungslose Freilassung Lius. Auch der US-amerikanische Botschafter Jon Huntsman kritisierte: „Die Verfolgung Einzelner wegen des friedlichen Ausdrucks ihrer politischen Ansichten steht im Widerspruch zu den international anerkannten Menschenrechten.“ Vertreter von mehr als 17 Staaten und der EU hatten sich am Morgen vor dem Gerichtsgebäude eingefunden. So laut und energisch sie auch vorgetragen wurde, die weltweite Empörung wird auch diesmal an der chinesischen Führung abprallen.

„Ich hoffe, ich bin der Letzte, der so einen hohen Preis für seine Ziele zahlt“, sagte Liu Xiaobo seiner Frau, die ihren Mann kurz sehen konnte. Mit der Ablehnung des Revisionsantrages verpasst die chinesische Regierung die vorerst letzte Chance, das mühsam aufgebaute Image als gemäßigte Führung zu retten. Liu Xiaobo ist kein Einzelfall. Regelmäßig verurteilen chinesische Gerichte Aktivisten auf Basis des vagen Vorwurfs der „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“, höhlen so das Recht auf freie Meinungsäußerung aus, das es offiziell auch in China gibt. Erst am Dienstag wurde der Bürgerrechtler Tan Zuoren zu fünf Jahren Haft verurteilt. Er hatte den Tod von tausenden Schulkindern während des Erdbebens in Sichuan 2008 durch Pfusch am Bau untersucht. Auch hier wurde eine Anklage wegen „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“ konstruiert. Im November war der Bürgerrechtler Huang Qi, der sich für die Eltern getöteter Schulkinder eingesetzt hatte, zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Doch keiner dieser Fälle hat international so viel Aufsehen erregt, wie das Schicksal Liu Xiaobos, der die Herrschaft der KP kritisierte, sich für mehr Demokratie einsetzte. Bis zuletzt hatten sich Politiker und Künstler für den Regimekritiker engagiert.

Mittlerweile sind zwei Texte von Liu öffentlich geworden. Der eine ist sein Schlusswort, das er während des Prozesses nur teilweise halten durfte. „Opposition ist nicht das Gleiche wie Subversion“, schreibt er. Er sei immer für eine „schrittweise, friedliche, geordnete und kontrollierbare“ Reform Chinas gewesen. In einer zweiten Erklärung spricht er sich gegen Hass aus, „der den Geist einer Nation vergiften und den Fortschritt einer Nation zu Freiheit und Demokratie aufhalten kann“. Im krassen Gegensatz zu diesen Äußerungen steht die Bewertung Lius durch die chinesischen Richter. Der Wortlaut des Urteils ist im Internet aufgetaucht. Liu sei ein Schwerverbrecher, der die „Staatsmacht der „volksdemokratischen Diktatur untergraben“ wolle und „Artikel von bösartigem Einfluss schrieb“.

Im Dezember 2008 hatten Polizisten Liu ohne Haftbefehl aus seiner Pekinger Wohnung verschleppt. Ohne Verfahren wurde er monatelang an einem geheimen Ort gefangen gehalten, erst im Sommer 2009 offiziell festgenommen. Schon nach der Niederschlagung der Tiananmen-Proteste 1989 musste er für 20 Monate ins Gefängnis. „Einem wie mir, der in einem unmenschlichen System in Würde leben will, bleibt keine Wahl, als zu opponieren. Dafür ins Gefängnis zu kommen, ist Teil dieser Wahl“, schreibt Liu im Vorwort eines Gedichtbandes.

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