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Politik: Lobbyisten schreiben Reden für Ministerien

In der Bundesverwaltung arbeiten wieder mehr externe Berater – manche sogar länger als zulässig.

Berlin - Aus dem jüngsten Lobbyistenbericht der Bundesregierung geht hervor, dass über zwei Drittel der externen Mitarbeiter in Bundesministerien länger beschäftigt wird, als es eine Verwaltungsvorschrift des Bundes vorsieht. Laut dem Bericht, den das Bundesinnenministerium den Bundestagsausschüssen für Inneres und Haushalt zuleitete und der dem Tagesspiegel vorliegt, waren im zweiten Halbjahr 2011 insgesamt 70 externe Mitarbeiter in der Bundesverwaltung beschäftigt. Damit ist wieder ein Anstieg des Trends, externe Mitarbeiter in Bundesministerien zu entsenden, erkennbar. Im zweiten Halbjahr 2010 waren es noch 56 externe Personen – zum Beispiel Angestellte von Lobbyverbänden. Deren Einsatz in der Bundesverwaltung ist umstritten.

Nach der Verwaltungsvorschrift von 2008 soll die Dauer des Einsatzes von externen Mitarbeitern „im Regelfall sechs Monate nicht überschreiten“. Aus dem jüngsten Bericht geht jedoch hervor, dass 43 Externe länger in Ministerien beschäftigt werden sollen. Zum Teil wurden bereits begonnene Einsätze sogar über sechs Monate hinaus verlängert. Selbst bei acht neu aufgenommenen Tätigkeiten soll der Einsatz in der Bundesverwaltung länger als sechs Monate dauern.

Länger als vorgesehen sollen auch 32 externe Mitarbeiter im Forschungsministerium sowie insgesamt acht Externe in den FDP-geführten Ministerien für Auswärtiges, Gesundheit und Entwicklung beschäftigt werden. Darunter sind auch zwei Mitarbeiter im Gesundheitsministerium, die vom Verband der Ersatzkassen (vdek) und vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entsandt wurden. Zu dessen Fördermitgliedern zählen auch Wirtschaftsunternehmen, darunter ein internationaler Versicherungsmakler.

Der vdek-Mitarbeiter beschäftigt sich im Ministerium mit dem „Anfertigen von Vermerken und Reden für die Hausleitung“ zu Grundsatzfragen der Prävention, Eigenverantwortung, Selbsthilfe und zu umweltbezogenem Gesundheitsschutz. Der Mitarbeiter im Entwicklungsministerium wurde vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) entsandt und ist unter anderem mit der „Koordinierung von BMZ-Positionen“ betraut. Nach der Verwaltungsvorschrift ist der Einsatz externer Personen nicht zulässig in „leitenden Funktionen“ sowie in „Funktionen im Leitungsbereich“.

Verlängert wurde auch der Einsatz eines Mitarbeiters des BDI im Auswärtigen Amt. Der soll sich in einem Referat, das für Außenwirtschaftsförderung zuständig ist, unter anderem mit „Investitionsgarantien“ beschäftigen. Nach der Verwaltungsvorschrift ist ein Einsatz grundsätzlich nicht zulässig „in Funktionen, deren Ausübung die konkreten Geschäftsinteressen der entsendenden Stelle unmittelbar berührt“. Investitionsgarantien seien „klar im kommerziellen Interesse der BDI-Mitgliedsunternehmen“, kritisierte Ulrich Müller von LobbyControl. Der BDI-Mitarbeiter soll dem Bericht zufolge ebenfalls „Beiträge“ zu „Reden für die Leitungsebene leisten“ und an „der strukturellen Verbesserung der Zusammenarbeit mit Wirtschaftsverbänden“ arbeiten.

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