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Politik: Lücke in der Mannschaft

Von Cordula Eubel Das Grün ist etwas blasser geworden. Nach dem Rückzug von Cem Özdemir aus der Bundespolitik fürchten Politiker einen Imageschaden für die Partei.

Von Cordula Eubel

Das Grün ist etwas blasser geworden. Nach dem Rückzug von Cem Özdemir aus der Bundespolitik fürchten Politiker einen Imageschaden für die Partei. Der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele räumte am Samstag ein, die Affäre um Özdemir habe im Wahlkampf der Grünen geschadet, auch weil es zum Hauptthema auf den Wahlveranstaltungen geworden sei. Ein Vertreter des Realo-Flügels fürchtete, für eine „sehr sensiblen Wählerschicht“ habe der Fall Özdemir gezeigt: „Die Grünen sind auch dabei“.

Als „Symbolfigur für eine bestimmte grüne Klientel“ sei Özdemir schwer zu ersetzen und ein klarer Verlust. Als erster türkisch-stämmiger Abgeordneter im Bundestag hatte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion das Thema Zuwanderung für viele allein durch seine Person glaubwürdig vertreten. Er verkörperte die typische zweite und dritte Generation von Einwanderern in die Bundesrepublik. Mit seiner türkisch-schwäbischen Herkunft kokettierte der grüne Bundestagsabgeordnete deshalb auch gerne. Im Sommer 1997 veröffentlichte er sogar ein Buch mit dem programmatischen Titel: „Ich bin Inländer. Ein anatolischer Schwabe im Bundestag.“

Ob Cem Özdemir in den kommenden Wochen jedoch als Wahlkämpfer für die Bundestagswahlen im September tatsächlich fehlen werde, bezweifeln einige Grüne. „In der heißen Phase des Wahlkampfes punkten ohnehin nur noch die Minister, allen voran Joschka Fischer, vielleicht auch noch sporadisch die Parteivorsitzenden“, hieß es. Fachpolitiker seien dagegen vor allem im politischen Alltagsgeschäft im Laufe einer der Legislaturperiode wichtig.

Im kommenden Bundestag wird die Grünen-Fraktion indes auf einige prominente Fachpolitiker verzichten müssen: So gelang es weder der ehemaligen Gesundheitsministerin Andrea Fischer, in Berlin einen aussichtsreichen Listenplatz für die Bundestagswahlen zu erreichen, noch dem Haushaltsexperten Oswald Metzger in Baden-Württemberg. Der unterlag bei der Nominierung Özdemir, der nun im Fall seiner Wahl das Mandat nicht annehmen wird. Auch die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, unterlag in einer Abstimmung für die Aufstellung der Bundestagskandidaten in Schleswig-Holstein einer weniger bekannten Konkurrentin.

Die fachpolitische Lücke etwa auf den Gebieten der Einwanderungspolitik und des Staatsbürgerschaftsrechts werden nach dem Rücktritt Özdemirs als innenpolitischer Sprecher auch andere Abgeordnete schließen können, glaubt man in der Partei. So gehört Volker Beck zu den Innenpolitikern der Fraktion, der sich in der Zuwanderungsdebatte einen n machte. Auch Parteichefin Kerstin Müller gilt bei den Grünen als versierte Innenpolitikerin.

Nach Bekanntwerden seiner Verstrickungen mit dem umstrittenen PR-Berater Moritz Hunzinger hätte Özdemir ohnehin nicht seine Politik so fortsetzen können wie bisher. „Er hat den Charme der Unbeflecktheit verloren, der für sein moralisches Thema der Integration und Zuwanderung so wichtig ist“, sagt ein Abgeordneter, der Özdemir gut kennt. Nach der Affäre um den zinsgünstigen Hunzinger-Kredit wäre er „nie mehr in der Rolle des ,lucky guy’ gewesen".

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