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Politik: Lula sagt Hunger den Kampf an

250 000 Brasilianer bejubeln ihren neuen Staatschef, als der seinen Amtseid ablegt

Brasilia (dpa). Brasiliens neuer Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva hat am Mittwoch nach seiner Vereidigung zu einer gemeinsamen Aktion aller Brasilianer gegen den Hunger aufgerufen. „Solange einer unserer brasilianischen Brüder oder eine Schwester Hunger leidet, haben wir Grund, uns zu schämen“, sagte der 57-jährige Sozialist nach Ablegen des Amtseids im Kongress von Brasilia. Wenn jeder Brasilianer nach Ende seines vierjährigen Mandats drei Mahlzeiten am Tag einnehmen könne, werde er sein Lebensziel erreicht haben, versicherte der frühere Dreher und Gewerkschaftsführer.

Der Amtseinführung wohnten 17 Staats- und Regierungschefs Lateinamerikas, darunter auch Kubas „Revolutionsführer“ Fidel Castro, ein enger Freund Lulas, bei. Lula da Silva hatte die Präsidentenstichwahl Ende Oktober mit 61,5 Prozent der Stimmen klar gewonnen. Er wird aber mit einer parlamentarischen Minderheit regieren müssen.

Lula nannte in seiner Rede weitere Ziele wie die Verwirklichung einer Landreform, die Schaffung einer „solidarischen Wirtschaft“ und die Schaffung von Millionen neuer Arbeitsplätze sowie „Ehrlichkeit“.

Oberste Priorität werde aber die Bekämpfung des Hungers haben. Nach Schätzungen der katholischen Kirche müssen 50 der 175 Millionen Einwohner des Landes mit der neuntgrößten Volkswirtschaft der Erde täglich hungern.

Der Chef der erst 1980 während der Militärdiktatur gegründeten „Partei der Arbeiter“ (PT) ist der erste linksgerichtete Staats- und Regierungschef des größten Landes Lateinamerikas. Befürchtungen konservativer Kreise im In- und Ausland hatten Regierungssprecher mehrfach zurückgewiesen. „Die neue Regierung wird alle internationalen Verträge respektieren“, hieß es immer wieder. Lula betonte allerdings, er werde Brasilien in eine „souveräne Nation“ verwandeln, die ohne äußere Einflüsse „über ihr eigenes Entwicklungsmodell“ entscheiden werde.

Die Zeremonie der Amtseinführung wurde in Brasilia von 250 000 Menschen verfolgt und enthusiastisch bejubelt. Sie waren vorwiegend in Rot, den Farben von Lulas Arbeiterpartei, gekleidet, trugen rote Fahnen sowie Plakate mit dem Bild des kubanischen Befreiungshelden Che Guevara. Lula wurde auf der Fahrt zum Kongress, die er trotz Nieselregens im offenen Wagen zurücklegte, von den Massen wie ein Volksheld gefeiert. Mehrere Anhänger durchbrachen dabei die Sicherheitsabsperrungen und umarmten den neuen Präsidenten, der bei vielen Brasilianern auch deshalb so populär ist, weil er sich aus einer armen Familie hochgearbeitet hat.

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