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Lutherischer Weltbund: Streitpunkt Schwulen-Segnung

Bei der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes geht es auch um Fragen der Liberalität der Protestanten. Zum Thema Homosexualität soll ein Zwischenbericht vorgelegt werden.

Bischöfe und Kirchenpräsidenten sind gekommen, Ehrenamtliche und Jugendvertreter. Für eine gute Woche ist Stuttgart zum Zentrum des weltweiten Luthertums geworden: Von Dienstag an findet dort die elfte Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) statt. Mehr als 400 Delegierte aus 140 lutherischen Kirchen wollen unter dem Motto „Unser tägliches Brot gib uns heute“ über Themen wie Aids, Globalisierung und Klimawandel beraten. Die Lutheraner müssten „in einer globalisierten Welt für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung eintreten“, sagt Frank Otfried July, Bischof der gastgebenden Evangelischen Landeskirche in Württemberg. „Die lutherischen Kirchen haben in der globalisierten Welt auch globale Aufgaben wahrzunehmen, weil sie selbst in einem globalen Netzwerk der Geschwisterlichkeit stehen.“

Zwischen seinen Vollversammlungen ist der Lutherische Weltbund vor allem in der Ökumene von Bedeutung. So war der LWB der evangelische Partner der römisch-katholischen Kirche, als in Augsburg 1999 die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ unterzeichnet wurde. Denn eine einheitliche evangelische Weltkirche als Gegenüber zum Vatikan gibt es nicht. Jede evangelische Konfession, die Reformierten, die Lutheraner oder die Baptisten, hat ihren eigenen Dachverband. Doch mit rund 70 Millionen Gemeindegliedern in 79 Ländern vertritt der Lutherische Weltbund immerhin einen erheblichen Teil des weltweiten Protestantismus, auch wenn der Reformierte Weltbund mit 75 Millionen Gemeindegliedern noch etwas größer ist.

Doch innerhalb des Lutherischen Weltbundes knirscht es im Gebälk. Vor allem die wachsenden lutherischen Kirchen Afrikas kritisieren die angebliche Liberalität europäischer Christen etwa im Umgang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Als die Lutherische Volkskirche Schwedens vor wenigen Jahren ihre Segnung beschloss, reiste der kenianische Bischof Walter Obare dorthin, um gegen den Willen der Volkskirche ein eigenes Bistum für konservative Lutheraner neu zu gründen. Vor Journalisten in Stuttgart wiegelte der Generalsekretär des LWB, Ishmael Noko, ab. 2007 habe der LWB einen Gesprächsprozess zur Homosexualität gestartet, dessen Ergebnis 2012 vorliegen werde. Auf der Vollversammlung werde er einen Zwischenbericht vorlegen. „Ich hoffe aber, dass das kein dominierendes Thema wird, das von den übrigen Themen der Vollversammlung ablenkt“, sagte Noko.

Gearbeitet wird an einem Verhaltenskodex zum sexuellen Missbrauch: „Die Versammlung soll ein sicherer Ort für die Teilnehmer sein, wo sie vor jeder Form sexueller Belästigung geschützt sind“, sagte der scheidende Präsident des LWB, Bischof Mark Hanson. Ob der Missbrauchsskandal auch Eingang in die Schlussbotschaft der Vollversammlung finden wird, ist noch nicht entschieden. Auf dem Programm der Vollversammlung steht auch die Wahl eines Nachfolgers für Hanson, dessen Amtszeit turnusgemäß endet. Als heißer Kandidat gilt der Bischof der nur wenige tausend Gemeindeglieder zählenden „Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und dem Heiligen Land“, Munib Younan, zu dem auch die im LWB nicht vertretene Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz gute Kontakte pflegt. Seine Wahl wäre auch ein politisches Zeichen: Mit einem in Jerusalem geborenen Palästinenser als Oberhaupt würden die Delegierten signalisieren, dass ihnen die Lage in den von Israel besetzten Gebieten am Herzen liegt.

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