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Politik: Machtkampf in Jugoslawien: Milosevics Polizei nimmt Bergleute fest

Der Machtkampf zwischen dem jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und der Opposition ist am Mittwoch weiter eskaliert. Polizei und Soldaten drangen in die bestreikte Kohlezeche Kolubara ein, um den Ausstand der rund 7000 Bergleute zu beenden.

Der Machtkampf zwischen dem jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und der Opposition ist am Mittwoch weiter eskaliert. Polizei und Soldaten drangen in die bestreikte Kohlezeche Kolubara ein, um den Ausstand der rund 7000 Bergleute zu beenden. Laut der unabhängigen Nachrichtenagentur Beta weigerten sich die Bergleute, die Grube zu verlassen. Nach Angaben der Streikführung nahm die Polizei einige Bergleute fest. Beta zufolge brachte die Regierung Streikbrecher aus dem Kosovo nach Kolubara. Die Regierung hatte damit gedroht, die Verantwortlichen für den Streik zur Verantwortung zu ziehen.

Gleichzeitig nahm die Polizei in der Nähe von Milosevics Heimatstadt Pozarevac mehrere Lkw-Fahrer fest, die sich an Straßenblockaden beteiligt hatten. Durch die Aktion wurden die Spannungen am Ort verschärft. Mehrere Dutzend Demonstranten setzten sich in die entstandenen Lücken und hielten so die Straßenblockade aufrecht.

Trotz des härteren Vorgehens der Staatsmacht gelang es der Opposition offenbar, den Druck auf das Regime zu erhöhen. In Belgrad, wo die Proteste in den letzten Tagen weniger druckvoll gewesen waren als in der Provinz, beteiligten sich am Mittwoch mehr Menschen an den Aktionen der Opposition. Hunderte von Geschäften blieben geschlossen, und die städtischen Busfahrer sowie die Müllabfuhr traten in den Streik. Die Telefonzentrale der Hauptstadt stellte den Dienst ein, und die Postbediensteten kündigten Warnstreiks an.

Das Verfassungsgericht beriet am Mittwoch über den Einspruch des Oppositionsbündnisses DOS gegen das offizielle Ergebnis der Präsidentenwahl. Dieses sieht eine Stichwahl am kommenden Sonntag vor, während die Opposition geltend macht, dass ihr Kandidat Vojislav Kostunica bereits am 24. September mit absoluter Mehrheit gewählt wurde.

Unterdessen gab es erste Anzeichen dafür, dass ein Teil der staatlichen Medien inzwischen nicht mehr voll von Milosevic kontrolliert wird. Die größte regimetreue Zeitung in der autonomen serbischen Provinz Wojwodina erklärte am Mittwoch, sie wolle in Zukunft einen neutraleren Kurs steuern. Das Blatt brachte am Mittwoch erstmals zahlreiche Berichte über Aktivitäten der Opposition.

Der UN-Sondergesandte für Menschenrechte im ehemaligen Jugoslawien, Jiri Dienstbier, forderte unterdessen, die Anklage gegen Milosevic vor dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal in Den Haag aufzuheben und ihm die Ausreise aus Jugoslawien zu erlauben. Dies sei die einzige Möglichkeit, den Konflikt in Jugoslawien zu lösen. "Kein Diktator wird gehen, wenn die einzige Alternative in einer lebenslangen Haftstrafe besteht", sagte der ehemalige tschechoslowakische Außenminister. Ein Sprecher des Tribunals nannte den Vorschlag Dienstbiers "außerordentlich verwirrend". Die UN-Chefanklägerin Carla del Ponte wies den Vorschlag Dienstbiers umgehend zurück und erklärte, dieser habe gar keine Befugnis, so etwas vorzuschlagen.

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