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Festnahme: Jang Song Thaek wird während eines Treffens des erweiterten Politbüros abgeführt.

© dpa

Update

Machtkampf in Nordkorea: Kim Jong Un entmachtet seinen Mentor

Nordkoreas Dikator Kim Jong Un hat eine der mächtigsten Personen des Landes entmachtet - seinen Onkel Jang Song Thaek. Für andere Politiker ging die Umwälzung tödlich aus.

Im abgeschotteten Nordkorea hat sich ein grundlegender Wandel im Machtgefüge vollzogen. Der als graue Eminenz geltende Onkel von Staatschef Kim Jong Un wurde wegen krimineller Machenschaften von seinen gesamten Ämtern entbunden, wie die Nachrichtenagentur KCNA am Sonntag berichtete. "Jang Song Thaek und seine Gefolgsleute haben kriminelle Handlungen begangen, die die Vorstellungskraft übersteigen, und sie haben unserer Partei und der Revolution enorme Schäden zugefügt", heißt es in dem Bericht, der einem Treffen des Politbüros folgte.

Jang Song Thaek sei nicht mehr öffentlich gesehen worden, nachdem zwei seiner Vertrauten wegen Korruption hingerichtet wurden, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap bereits am Dienstag unter Berufung auf Geheimdienstkreise. Dies wird als Hinweis für die Entmachtung Jangs gewertet, was durchaus als fundamentaler Wandel im Machtgefüge gewertet werden kann.

Entgegen üblicher Gepflogenheiten berichteten Nordkoreas Staatsmedien breit über die Entlassung Jangs während eines Treffens des Politbüros der Arbeiterpartei. Das Staatsfernsehen veröffentlichte eine Szene, in der Jang von Uniformierten aus einer großen Konferenzhalle abgeführt wird, dem Bericht zufolge während des Treffens. Die Zeitung “Rodong Sinmun“ berichtete auf ihrer Titelseite von der Entlassung und zeigte ein Foto, das während des Treffens aufgenommen worden sein soll.

Angaben zu Jang bereits aus offiziellen Daten gelöscht

Weder Jang noch seine Frau Kim Kyong Hui, sind auf dem Foto zu sehen. Aus staatlichem Foto- und Filmmaterial ist Kims Onkel bereits herausgeschnitten und ist Experten zufolge auch nicht mehr im Datenmaterial der KCNA zu finden.

Jang war bislang Vize-Vorsitzender der einflussreichen Nationalen Verteidigungskommission. Allgemein wurde vermutet, dass er von dort im Hintergrund die Fäden zog, seitdem Kim die Nachfolge seines Ende 2011 verstorbenen Vaters Kim Jong Il übernommen hat. Jang hatte zudem gute Beziehungen zum Verbündeten China und besuchte Peking 2012. Zudem führte er für Nordkorea ein Projekt an, das eine Wirtschaftszone mit Peking zum Ziel hat. Seine Entmachtung wird Experten zufolge dem jungen Kim helfen, seine Stellung in Nordkoreas Machtgefüge zusammen mit einer Gruppe jüngerer Berater zu festigen. Die Veröffentlichung der Bilder könnte demnach als Warnung nach innen dienen.

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un

© AFP

Jang galt nach dem Tod von Kims Vater, Kim Jong Il, Ende 2011 als starker Mann im nordkoreanischen Machtgefüge. Vor drei Jahren war er zum Vizevorsitzenden der Nationalen Verteidigungskommission befördert worden - dem wichtigsten Entscheidungsgremium des kommunistischen Regimes.und führte in wichtigen Fragen die Verhandlungen mit dem Ausland. Eine Bestätigung aus Nordkorea gab es für die Angaben bislang nicht.

Berichte über öffentliche Hinrichtungen

Anfang November gab es Berichte über die Hinrichtung von 80 Häftlingen. Die meisten von ihnen hätten wegen des Besitzes verbotener TV-Sendungen aus Südkorea die Todesstrafe erhalten, berichtete die südkoreanische Zeitung „JoongAng Ilbo“ unter Berufung auf eine nicht namentlich genannte Quelle. Eine von nordkoreanischen Flüchtlingen betriebene Website stufte die Angaben als glaubwürdig ein. Zumeist sei den Häftlingen vorgeworfen worden, südkoreanische Fernsehsendungen angeschaut zu haben. Aber auch wegen Prostitution sei die Todesstrafe vollstreckt worden. In der östlichen Hafenstadt Wosnan versammelten die Behörden den Angaben zufolge 10.000 Zuschauer in einem Stadion, in dem dann acht Menschen erschossen wurden.

Ausländische Filme sind strengstens verboten

Aus Kreisen nordkoreanischer Überläufer verlautete, der Bericht decke sich mit entsprechenden Gerüchten. Bereits vor ein paar Monaten hätten ihre Quellen von Plänen für öffentliche Massenhinrichtungen berichtet, teilte die Website North Korea Intellectual Solidarity mit, die von nordkoreanischen Flüchtlingen betrieben wird. Die Regierung in Pjöngjang habe offenbar Angst vor einem gesellschaftlichen Wandel und wolle die Bevölkerung einschüchtern, sagte ein Mitarbeiter der Website. Das Anschauen ausländischer Serien oder Filme ist in Nordkorea strengstens verboten. Dank digitaler Speichermedien floriert jedoch der Handel mit illegalen Videos. Auch US-Serien wie „Desperate Housewives“ sollen eine kleine, aber begeisterte Fangemeinde haben.

Sorgen um nordkoreanisches Atomprogramm

Nach monatelanger Konstruktionspause hat Nordkorea die Arbeiten an der Raketenabschussanlage Tonghae an seiner Nordostküste nach Einschätzung von US-Experten wieder aufgenommen. Neue Satellitenbilder zeigten, dass der Bau neuer Anlagen auf dem Gelände fortgeführt werde, teilte das US-Korea-Institut der John Hopkins University auf seiner Website mit. Die Anlagen seien offenbar dafür gedacht, zukünftige Generationen größerer und leistungsfähigerer Raketen zu testen.

Das Institut wertete die Erkenntnisse als Beleg dafür, dass Nordkorea weiterhin zwei Raketenabschussbasen betreiben will. Neben der Basis in Tonghae betreibt das kommunistische Land eine weitere in Sohae an seiner Westküste. Hinweise auf den unmittelbar bevorstehenden Test einer Langstreckenrakete gibt es den Wissenschaftlern zufolge aber an keinem der beiden Orte.
Die Bauarbeiten in Tonghae waren Beobachtern zufolge Anfang des Jahres eingestellt worden. Ihre Wiederaufnahme ist ein weiterer Hinweis darauf, dass Pjöngjang sein Atomwaffenprogramm nun wieder vorantreiben könnte. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEO hatte am Donnerstag mitgeteilt, sie habe Hinweise auf eine Wiederinbetriebnahme des nordkoreanischen Plutoniumreaktors Yongbyon. (AFP/dpa/Reuters)

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